Steuerstreit: Schweiz soll auch bei gestohlenen Daten Amtshilfe leisten

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(Symbolbild)

Die Schweiz soll bei gestohlenen Daten nur Amtshilfe leisten, wenn der ersuchende Staat die Daten passiv erlangt hat.

Bern – Erneut muss die Schweiz die Regeln zur Amtshilfe bei Steuerdelikten lockern. Sie soll auch dann Amtshilfe leisten, wenn das Gesuch auf gestohlenen Daten basiert. Und Steuersünder sollen nicht in jedem Fall vorgängig informiert werden. Der Bundesrat will so verhindern, dass die Schweiz auf einer schwarzen Liste landet. Das Steueramtshilfegesetz ist erst seit Februar in Kraft. «Internationale Gegebenheiten» machten nun bereits eine Revision nötig, schreibt der Bundesrat. Er hat am Mittwoch eine verkürzte Vernehmlassung für eine Teilrevision des Gesetzes eröffnet.

Derzeit sind viele Amtshilfegesuche blockiert. Könnten sie nicht beantwortet werden, müsse die Schweiz beim Peer Review – der Prüfung im Rahmen der OECD – mit der schlechtesten Note rechnen, schreibt der Bundesrat in der Botschaft ans Parlament. Dies wäre sehr negativ für das Image, und es bestehe das Risiko, dass Sanktionen ergriffen würden – zum Beispiel die Aufnahme auf eine schwarze Liste.

Probleme mit diversen Ländern
Nach geltendem Recht tritt die Schweiz auf Amtshilfegesuche nicht ein, wenn diese auf gestohlenen Informationen beruhen. Weil dies zu Problemen führte, lockerte das Finanzdepartement (EFD) vor einem Jahr die Praxis etwas. Die Probleme verschärften sich aber.

Insbesondere Indien, Spanien und die Niederlande bemängelten die Haltung der Schweiz. Indien hatte aus dem Diebstahl bei der Bank HSBC in Genf Daten aus Frankreich erhalten und gestützt darauf Amtshilfegesuche an die Schweiz gerichtet. Die Schweiz trat jedoch nicht darauf ein.

Veto nur bei aktiv erlangten Daten
Wichtige EU-/G20-Partnerländer gäben sich mit der aktuellen Praxis nicht zufrieden, was zu einem grossen Politikum zu werden drohe, schreibt der Bundesrat. Nach seinem Willen soll die Schweiz deshalb künftig nur dann nicht auf ein Gesuch eintreten, wenn der ersuchende Staat sich auf Informationen stützt, die er «aktiv erlangt» hat.

Darunter fielen auch Daten, die ein Staat durch eine Drittpartei beschaffen lasse, präzisiert der Bundesrat. Auf Ersuchen, die dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen, werde die Schweiz weiterhin nicht eintreten. Hat der Staat die Informationen ohne sein Zutun erhalten – etwa durch spontane Amtshilfe – soll die Schweiz dagegen in Zukunft Amtshilfe leisten.

Informationen im Nachhinein
Eine weitere Änderung betrifft die Information der von Amtshilfegesuchen betroffenen Personen. Nach geltendem Gesetz müssen die mutmasslichen Steuersünder informiert werden, bevor Daten über sie geliefert werden. Neu will der Bundesrat ein Verfahren mit nachträglicher Information der beschwerdeberechtigten Personen vorsehen. Die Betroffenen sollen dann erst im Nachhinein informiert werden können, wenn es sich um dringliche Fälle handelt – etwa wegen drohender Verjährung – oder die Untersuchung durch die vorgängige Information beeinträchtigt würde.

Ausserdem soll die Steuerverwaltung die betroffene Person nur über die wesentlichen Teile des Ersuchens informieren müssen. Die Person muss erkennen können, ob sie das Subjekt einer Untersuchung ist und was ihr vorgeworfen wird. Hingegen muss sie nicht über bisherige Untersuchungsmassnahmen des ersuchenden Staates orientiert werden.

Regeln zu Gruppengesuchen
Der Gesetzesentwurf enthält darüber hinaus neue Bestimmungen zu Gruppengesuchen, welche die Schweiz auf gesetzlicher Basis seit Februar 2013 zulässt. Es handelt sich dabei um Amtshilfegesuche, mit welchen Informationen über mehrere Personen verlangt wird. «Fischzüge» – also Nachforschungen ins Blaue hinaus – sollen ausgeschlossen bleiben.

Allerdings soll der Bundesrat die Kompetenz erhalten, den erforderlichen Inhalt eines Gruppenersuchens jeweils an den internationalen Standard anzupassen, falls sich dieser ändert. Regeln will der Bundesrat im Gesetz auch die Information der Betroffenen bei Gruppengesuchen.

Unter Druck
Die Vernehmlassung zur Revision des Steueramtshilfegesetzes dauert bis zum 18. September. Ein verkürztes Verfahren dränge sich auf, nachdem die G20-Finanzminister alle Staaten aufgefordert hätten, ohne Verzug die Umsetzung der Empfehlungen anzugehen, schreibt der Bundesrat.

Da mit der Schlussbenotung im Rahmen des Peer Review im Oktober 2013 begonnen werde, bestehe «ein grosses Interesse», dass die Schweiz die Revision des Steueramtshilfegesetzes möglichst bald ankündigen und danach auch in Kraft setzen könne. Im Peer-Review-Bericht vom Sommer 2011 waren der Schweiz mehrere Massnahmen empfohlen worden.

Mehrere Möglichkeiten
Als Voraussetzung dafür, die nächste Phase des Peer Review zu überstehen, legte der Bericht verschiedene Möglichkeiten fest. Entweder sollte die Schweiz ein Verfahren schaffen, das Amtshilfe ohne vorgängige Information der Steuersünder ermöglicht, oder bei Inhaberaktien Transparenz herstellen, oder eine genügende Anzahl von Doppelbesteuerungsabkommen mit Amtshilfe nach OECD-Standard abschliessen.

Die Zahl der Abkommen habe das zuständige Global Forum bislang als nicht genügend qualifiziert, hält der Bundesrat fest. Neue Regeln zu Inhaberaktien seien noch in Arbeit. Selbst wenn die Schweiz in die nächste Phase übertreten könnte, hätte sie allerdings ein grosses Interesse, die Frage der nachträglichen Information rasch zu lösen. (awp/mc/upd/ps)

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