Steuerstreit: Ständerat heisst FATCA-Abkommen gut

Steuerstreit: Ständerat heisst FATCA-Abkommen gut

Bern – Das Abkommen zwischen der Schweiz und den USA zum US-Steuergesetz FATCA hat im Parlament die erste Hürde genommen. Der Ständerat genehmigte es am Donnerstag deutlich. Stimmt auch der Nationalrat zu, erhalten die US-Steuerbehörden künftig Informationen von Schweizer Banken. Nur einen Tag nach dem Nein zur «Lex USA» ging es im Bundeshaus erneut um den Steuerstreit mit den USA. Während die «Lex USA» eine Lösung für die Vergangenheit gebracht hätte, stand diesmal ein neues Regime für die Zukunft zur Debatte.

Entscheiden musste der Ständerat über das Abkommen zwischen der Schweiz und den USA zur Umsetzung des US-Steuergesetzes FATCA («Foreign Account Tax Compliance Act»). Mit dem Gesetz verpflichten die USA ausländische Banken dazu, Konten von US-Kunden den US-Steuerbehörden zu melden. Sie wollen so erreichen, dass sämtliche Einkünfte von in den USA steuerpflichtigen Personen besteuert werden können.

Vogel friss oder stirb
Die Schweizer Banken sind gezwungen, das Gesetz ab 2014 umzusetzen, sofern sie nicht vom US-Kapitalmarkt ausgeschlossen werden wollen. Dies gilt unabhängig vom FATCA-Abkommen zwischen der Schweiz und den USA zur Umsetzung des Gesetzes. FATCA sei eine Tatsache, stellten viele Rednerinnen und Redner fest, ob es der Schweiz passe oder nicht. Es sei eine «Vogel-friss-oder-stirb»-Situation, sagte Konrad Graber (CVP/LU) – «auch wenn uns im Nacken die Haare zu Berge stehen».

Peter Föhn (SVP/SZ) sprach von «Geiselhaft». Die Schweiz unterwerfe sich den von den USA diktierten Spielregeln. Dies komme einem Souveränitätsverlust gleich. Er selbst werde denn auch nicht zustimmen, sagte Föhn. Er räumte aber ein, dass der Schweiz nichts anderes übrig bleibe, als diese Kröte zu schlucken.

Automatischer oder halbautomatischer Informationsfluss
Umstritten war, welches Modell der Umsetzung von FATCA die Schweiz wählen sollte. Zwei Modelle sind möglich: Das erste sieht den automatischen Informationsaustausch vor, das zweite kommt einem solchen lediglich nahe. Der Bundesrat hat ein Abkommen zum zweiten Modell ausgehandelt. Gemäss diesem Modell, das auch Japan gewählt hat, fliessen die Informationen nicht direkt zwischen den Steuerbehörden. Die Banken müssen den US-Steuerbehörden die Anzahl und das Gesamtvermögen der Konten von Kunden melden, die mit Datenlieferungen nicht einverstanden sind.

Auf dieser Basis können die Steuerbehörden dann mit einer Gruppenanfrage detaillierte Informationen zu den einzelnen Konten verlangen. So erhalten sie am Ende alle Informationen über US-Konten, welche die Bank hätte melden müssen, wenn der Kunde seine Zustimmung erteilt hätte.

Die Linke für Modell eins
Die Linke beantragte, das Geschäft an den Bundesrat zurückzuweisen mit dem Auftrag, ein Abkommen nach dem ersten Modell auszuhandeln – jenem mit automatischem Informationsaustausch. Dieses Modell sei weiter verbreitet, sagte Christian Levrat (SP/FR). Auch sehe es eine gewisse Reziprozität vor. Mit dem zweiten Modell dagegen würde sich die Schweiz erneut isolieren. Der Entscheid des Bundesrates für das zweite Modell sei angesichts der neusten internationalen Entwicklungen überholt. Der Rat lehnte die Rückweisung an den Bundesrat aber mit 23 zu 11 Stimmen ab.

Mit 34 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen sprach sich die kleine Kammer für die Ratifikation des Abkommen aus, mit 35 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen genehmigte sie das Gesetz zur Umsetzung. Anita Fetz (SP/BS) wunderte sich über den geringen Widerstand der Bürgerlichen. Nach dem Nein der Freisinnigen zur «Lex USA» sei deren Ja zu FATCA ein «interessanter Galopp». Interessant sei auch das «laute Schweigen» der SVP.

Beweglichkeit bei den Bürgerlichen
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf staunte ebenfalls über die «Beweglichkeit in der Argumentation». Man könne Beweglichkeit positiv oder negativ auslegen, sie lege es jetzt positiv aus, sagte sie. FDP-Vertreter Martin Schmid (GR) räumte ein, das FATCA-Abkommen habe einen «Beigeschmack»: «Wenn wir Ja sagen, übernehmen wir amerikanisches Recht.» Dennoch sei das Abkommen im Interesse der Schweiz. SVP-Vertreter Alex Kuprecht (SZ) warb für ein Ja, weil es im Interesse der Versicherer sei, für welche Ausnahmen vorgesehen sind.

Für ein Nein plädierte einzig der parteilose Thomas Minder (SH). Die Ablehnung wäre nach dem Nein zur «Lex USA» folgerichtig, argumentierte er. Die Banken sollten sich ohnehin längst vom US-Markt verabschieden.

Übernahme von US-Recht
Dass FATCA weitreichende Folgen hat, stritt Widmer-Schlumpf nicht ab. Es sei das erste Mal, dass die Schweiz ausländisches Recht zum inländischen erkläre, stellte sie fest. Die Finanzministerin betonte aber gleichzeitig, dass die Schweiz keine andere Wahl habe. Wichtig sei das Abkommen nicht zuletzt wegen der Ausnahmen, der «FATCA-Befreiten». Von den neuen Pflichten ausgenommen sind Sozialversicherungen, die privaten Vorsorgeeinrichtungen sowie die Schadens- und Sachversicherungen. Kollektivanlagevehikel und Banken mit vorwiegend lokaler Kundschaft gelten unter bestimmten Voraussetzungen als FATCA-konform und unterliegen nur einer Registrierungspflicht.

Ausserdem gelten Ausnahmen für Kunden mit geringem Vermögen: Banken müssen Individualkonten nicht melden, wenn diese einen Saldo von weniger als 50’000 Dollar aufweisen. Der Bundesrat betont in seiner Botschaft ans Parlament, das FATCA-Abkommen entfalte keine Präzedenzwirkung zum Informationsaustausch mit anderen Staaten. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat. (awp/mc/ps)

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