SP-Präsident Christian Levrat.
Bern – Diese Woche gilt es ernst: Die Steuerabkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich werden im Parlament behandelt. Während die SVP ihre Opposition bereits beschlossen hat, will SP-Präsident Levrat seine Partei in allerletzter Minute ebenfalls noch zu einem Nein bewegen. Statt der Steuerabkommen solle der Bundesrat der EU den automatischen Informationsaustausch anbieten, sagte SP-Präsident Christian Levrat in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». So könne der Bundesrat in den Bilateralen III «Zugeständnisse in den Dossiers Energie, Holdingbesteuerung und institutionelle Fragen erreichen».
Andernfalls müsse die Schweiz den automatischen Informationsaustausch übernehmen, «ohne dafür etwas zu bekommen». Er begründete seine Einschätzung damit, dass die USA, die OECD und die EU den «Informationsaustausch schon bald als Standard erzwingen» würden. Mit dem Abkommen setze die Schweiz erneut auf eine Hochrisikostrategie, sagte Levrat in einem Interview mit der «Zentralschweiz am Sonntag».
Am ersten Sessionstag
Der Ständerat befasst sich bereits am ersten Sessionstag am Dienstag mit den Steuerabkommen. Der Nationalrat ist einen Tag später am Zug. Im Nationalrat verfügen die Fraktionen von SP und SVP zusammen über eine knappe Mehrheit von zwei Stimmen – vorausgesetzt die Fraktionen stimmen geschlossen. Die SP hatte bislang lediglich eine Sistierung der Verträge bis zum Herbst verlangt: Die Partei wolle zuerst die Details der Weissgeldstrategie des Bundesrates kennen, hiess es. Den Abkommen könne die SP zustimmen, wenn diese den Übergang zum automatischen Informationsaustausch nicht behinderten. Am Sistierungsantrag werde seine Partei festhalten, sagte Levrat im Interview.
Die SVP hatte ihre Opposition gegen die ersten beiden Abkommen Anfang Mai beschlossen. FDP, CVP, BDP, GLP, aber auch die Grünen werden den Verträgen – teils zähneknirschend – zustimmen. Den Grünen wirft Levrat einen strategischen Fehler vor. «Mit ihrem frühen Ja zu den Verträgen haben sie verhindert, dass der Bundesrat Zugeständnisse in Richtung Informationsaustausch gemacht hat.»
Schäuble versucht’s nochmal
Auch in Deutschland, wo das Steuerabkommen mit der Schweiz äusserst umstritten ist, wird weiter beraten. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) meldete, wird sich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Mittwoch im ostdeutschen Halle mit den Finanzministern der Bundesländer treffen. Bislang haben die SPD-geführten Länder im Bundesrat – der Länderkammer des deutschen Parlamentes – eine Zustimmung zum Abkommen verunmöglicht. Erwartet wird, dass Schäuble in Halle mit finanziellen Angeboten an die Länder den Widerstand aufweichen will.
Der frühere deutsche Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) appellierte derweil an die ablehnenden Bundesländer, das Abkommen endgültig zu Fall zu bringen. «Ich halte es für falsch zuzustimmen, nur um Geld von der Schweiz zu bekommen», sagte der mögliche SPD-Kanzlerkandidat der dpa. «Das ist etwa so wie die goldene Mohrrübe, die dem Esel vorgehalten wird, um ihn in die richtige Richtung zu leiten», sagte Steinbrück. Wahrscheinlich würden mit dem Abkommen sogar diejenigen, die sich selbst angezeigt hätten, schlechter gestellt, als diejenigen, die sich den Steuerbehörden bislang nicht offenbart hätten.
OECD: Kein Ruck
Gemäss OECD-Steuerchef Pascal Saint-Amans wird es keinen Druck seiner Organisation auf die Schweiz geben, um den automatischen Informationsaustausch einzuführen. Dies sagte Saint-Amans in einem Interview mit der Westschweizer Zeitung «Le Matin» vom Montag. Ziel sei es, dass der Standard angewandt werde, wie ihn die OECD festgelegt habe, sagte der Direktor des OECD-Zentrums für Steuerpolitik. Dies bedeute: den Austausch von Informationen auf Anfrage. Die OECD sei allerdings bereit, Staaten zu unterstützen, die zum automatischen Informationsaustausch übergehen möchten.
Die ausgehandelten Steuerabkommen bezeichnete Saint-Amans als «substanziell». Die vorgesehenen Steuersätze seien «aufschlussreich» und würden den Sätzen in den Partnerländern entsprechen. Kritisch zeigte er sich bezüglich der Kontrolle bei den Banken, ob diese die Abkommen korrekt umsetzten. «Man kann sich aber auch fragen, ob es die Rolle einer Bank ist, Steuern für einen ausländischen Fiskus einzutreiben», sagte Saint-Amans. (awp/mc/ps)