Nein zu Kriegsgeschäfte-Initiative – Druck auf Finanzierung bleibt
Bern – Die Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» ist am Volks- und Ständemehr gescheitert. Für die Initianten ist das Ergebnis jedoch ein Achtungserfolg. Die Finanzierung von Kriegsmaterial bleibt auf der politischen Agenda.
57,45 Prozent aller Stimmenden sagten am Sonntag Nein zur Kriegsgeschäfte-Initiative der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (Gsoa) und der Jungen Grünen. Dreieinhalb Stände nahmen die Vorlage an.
Trotz der Niederlage ist das Resultat ein Achtungserfolg. Anti-Kriegs-Initiativen haben es grundsätzlich schwer an der Urne. Die Initiative «Für eine Schweiz ohne neue Kampfflugzeuge» wurde 1993 mit 42,8 Prozent Ja-Stimmen abgelehnt, die Initiative «Für den Schutz vor Waffengewalt» im Jahr 2011 mit 43 Prozent Ja-Stimmen. Alle anderen Volksinitiativen der Gsoa wurden noch deutlicher abgelehnt.
Forderungen nach Achtungserfolg
Gsoa-Sekretärin Nadia Kuhn sagte, die hohe Zustimmung könne durchaus als Erfolg gewertet werden. In einer Medienmitteilung schrieb die Gsoa: «Mit der Initiative konnten die Kriegsgeschäfte der Schweizer Nationalbank und der Pensionskassen demaskiert werden.» Auch die Jungen Grünen sprachen von einem Erfolg. Das sehr gute Resultat zeige, dass Handlungsbedarf vorhanden sei, teilten sie mit.
Das Initiativkomitee verlangt nun, dass jegliche direkte und indirekte Finanzierung in Streumunition, Antipersonenminen, chemische, biologische und atomare Waffen verboten wird. Der Atomwaffenverbotsvertrags müsse durch die Schweiz sofort ratifiziert werden, und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) müsse die Finanzierung von verbotenem Kriegsmaterial ernsthaft und regelmässig kontrollieren.
Bundesrat will Dialog statt Verbote
Auch Wirtschaftsminister Guy Parmelin sprach von einem «Achtungserfolg» der Initianten. Es sei bei dieser Initiative aber nicht um Profit und Moral gegangen, sondern einzig darum, die Sozialwerke und die Wirtschaft «für einen symbolischen Akt» nicht weiter zu belasten. «Ich kann garantieren, dass sich der Bundesrat weiterhin für eine friedliche Welt und für nachhaltige Finanzierungen einsetzt», so Parmelin. Die Mittel, die der Bundesrat wähle, seien jedoch nicht neue Verbote, sondern es gehe darum, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen und den Dialog mit den betroffenen Akteuren zu suchen.
Das heute geltende Finanzierungsverbot erfülle seinen Zweck, so Parmelin. In der Schweiz ist seit 1996 ein Kriegsmaterialgesetz in Kraft. Es verbietet die Finanzierung von Atomwaffen, biologischen und chemischen Waffen sowie Personenminen und Streumunition. Die direkte Finanzierung der Entwicklung, der Herstellung oder des Erwerbs von verbotenem Kriegsmaterial ist verboten. Bei den indirekten Finanzierungen besteht jedoch laut den Initianten eine «bewusste Gesetzeslücke».
Atomwaffenverbotsvertrag im Visier
Diese «Gesetzeslücke» könnte bei der Diskussion um die Ratifizierung des Uno-Atomwaffenverbotsvertrag wieder auf den Tisch kommen. Je nach Auslegung müsste das bestehende Finanzierungsverbot von 1996 dann angepasst werden.
Im Sommer 2018 hatte der Bundesrat beschlossen, den Atomwaffenverbotsvertrag nicht zu unterzeichnen. Aussenminister Ignazio Cassis bezeichnete den Vertrag damals als Symbolpolitik, der die nukleare Abrüstung nicht voranbringe.
Das Parlament sieht dies anders. Im Dezember 2018 forderte es den Bundesrat mit der Annahme einer Motion dazu auf, den Atomwaffenverbotsvertrag so rasch wie möglich zu unterzeichnen und dem Parlament zur Genehmigung vorzulegen. Der Bundesrat kam dieser Aufforderung bisher nicht nach.
Der Atomwaffenverbotsvertrag schafft ein umfassendes und ausdrückliches Verbot für Atomwaffen. Dieses verbietet den Einsatz und dessen Androhung sowie Herstellung, Erwerb, Stationierung und Weitergabe von Kernwaffen. (awp/mc/pg)