Stimmvolk soll nicht über Standard-Freihandelsabkommen entscheiden
Bern – Über neue Freihandelsabkommen soll das Parlament abschliessend entscheiden können, wenn sie früheren Abkommen ähneln. Ein Referendum soll nicht möglich sein. Diese Regelung will der Bundesrat gesetzlich verankern.
Dem Parlament soll künftig ein einfacher Bundesbeschluss vorgelegt werden, der nicht dem fakultativen Referendum untersteht. Das schlägt der Bundesrat mit einem Gesetzesentwurf vor, den er am Mittwoch in die Vernehmlassung geschickt hat.
Er will damit die Praxis der «Standardabkommen» im Gesetz verankern, die sich ab 2003 entwickelt hatte. 2016 war der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass es dafür eine gesetzliche Grundlage braucht.
Aufs Wesentliche konzentrieren
Mit dem neuen Gesetz könne die bisherige Praxis gesetzgeberisch kodifiziert werden, was zur Rechtssicherheit und Verwesentlichung der politischen Auseinandersetzung beitrage, schreibt der Bundesrat. Angesichts der aktiven Handelspolitik von Hauptkonkurrenten wie der EU sei es nötig, dass die Schweiz ihre Freihandelsabkommen so einfach wie möglich aushandeln und anpassen könne.
Die generelle Unterstellung von Freihandelsabkommen unter das fakultative Referendum hätte Folgen für die Schweizer Freihandelspolitik, da es zu Verzögerungen käme. Das würde die Attraktivität der Schweiz als Freihandelspartner schwächen.
Neue wichtige Verpflichtungen
Konkret schlägt der Bundesrat vor, dass das Parlament Freihandelsabkommen dann mit einfachem Bundesbeschluss genehmigt, wenn sie im Vergleich zu den bisher abgeschlossenen keine neuen wichtigen Verpflichtungen für die Schweiz enthalten.
Die Vernehmlassung dauert bis zum 2. April 2019. Das Gesetz über die Genehmigung von Freihandelsabkommen würde dem fakultativen Referendum unterstehen.
Parlament war dagegen
Im Sommer 2017 hatte der Bundesrat einen anderen Weg gesucht, um dasselbe Ziel zu erreichen. Damals legte er dem Parlament zusammen mit dem Freihandelsabkommen mit Georgien eine allgemeine Regelung vor, welche die Kompetenz ans Parlament delegiert hätte. Das Parlament lehnte diesen Vorschlag ab.
Der Bundesrat interpretiert das aber nicht als grundsätzliche Absage: Kritisiert worden sei insbesondere, dass die Regelung dem Parlament gemeinsam mit einem unumstrittenen Freihandelsabkommen unterbreitet worden sei, schriebt er im Bericht zur Vernehmlassung. Grundsätzlich hätten sich die Räte bereit gezeigt, im Rahmen einer separaten Gesetzesvorlage noch einmal über eine Kompetenzdelegation zu beraten.
Nein bei Doppelbesteuerung
Auch bei den Doppelbesteuerungsabkommen hatte der Bundesrat vorgeschlagen, eine Kompetenzdelegation im Rahmen der Genehmigung eines spezifischen Abkommens zu verankern. Das lehnte das Parlament ebenfalls ab.
Für den Automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten wurde dagegen im entsprechenden Gesetz eine Grundlage dafür geschaffen, dass das Parlament Vereinbarungen mit neuen Ländern mit einfachem Bundesbeschluss ohne fakultatives Referendum genehmigt.
30 Freihandelsabkommen
Der Bundesrat hebt im Vernehmlassungsbericht die Bedeutung von Freihandelsabkommen hervor. Der Wohlstand der Schweiz hänge wesentlich von der Integration in internationale Handelsflüsse ab, schreibt er. Die Schweiz verfügt derzeit neben dem Freihandelsabkommen mit der EU und der EFTA über 30 Freihandelsabkommen mit 40 Partnern.
In den bisher abgeschlossenen Abkommen werden verschiedene typische Bereiche geregelt, namentlich Warenhandel, Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterungen, handelspolitische Schutzmassnahmen, nichttarifäre Handelshemmnisse, Handel mit Dienstleistungen, Investitionen, Schutz des geistigen Eigentums, öffentliches Beschaffungswesen sowie Umwelt- und Arbeitsfragen.
Als «weitergehende Bestimmungen» würden laut dem Bundesrat etwa die Gewährung von weiterführenden Konzessionen im Bereich des Marktzugangs für landwirtschaftliche Erzeugnisse, bei den Dienstleistungen oder beim öffentlichen Beschaffungswesen gelten. (awp/mc/ps)