Basel – Steigen die Kosten für Wohnen, Heizen und Tanken, überlegen sich viele, ob der Gang zum Zahnarzt finanziert werden kann. Das sieht die Firma Straumann noch relativ gelassen. Denn die Basler verdienen den Löwenanteil ihres Geldes mit Zahnimplantaten. Aufgeschoben werden aber ästhetische Anwendungen.
«Wenn eine Person wirklich Zahnschmerzen oder andere medizinische Probleme hat, dann geht sie zum Zahnarzt», sagte Konzernchef Guillaume Daniellot am Mittwoch nach Publikation der Verkaufszahlen im dritten Quartal. Dass die Verkäufe zuletzt etwas an Schwung verloren haben, habe auch einen anderen Hintergrund.
Das dritte Jahresviertel mit den Monaten Juli bis September falle traditionell etwas schwächer aus, sagte Daniellot im Gespräch mit AWP und verwies auf die Sommerferien in vielen Ländern auf der nördlichen Halbkugel.
Nach Corona waren laut dem CEO diesen Sommer «wieder etwas mehr» Zahnärzte in den Ferien. Ab September hätten sich die Kundenbesuche wieder auf einem «guten» Niveau bewegt.
In Zahlen ausgedrückt setzte Straumann im Sommerquartal 550,5 Millionen Franken um. Das sind, um Akquisitionen und Währungseffekte bereinigt, 12,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Im ersten Semester waren die Verkäufe organisch noch um 20,8 Prozent geklettert.
Kunden sparen bei den Zahnschienen
Ganz spurlos sind das schwächere Konjunkturumfeld und die damit eingetrübte Konsumentenstimmung aber nicht an Straumann vorübergangen. Die hohe Teuerung hat nach Angaben des Unternehmens in der Region Nordamerika die Nachfrage nach Zahnschienen gedrückt. Die sogenannten «Aligner» gelten als Alternative zu herkömmlichen Zahnspangen.
In Europa ist die Zahnkorrektur mit einer Kunststoffspange noch nicht so weit verbreitet wie in den USA. Auf dem alten Kontinent vermarktet Straumann die Zahnschienen neu unter der einheitlichen Marke «Dr. Smile».
Preissturz in China erwartet
Und in China wurde Straumann von zwei Faktoren gebremst. Einerseits erschwerten viele pandemiebedingte Lockdowns den Gang zum Zahnarzt weiterhin oder verunmöglichten ihn ganz. «Dadurch haben wir schon einige Aktivitäten verloren», sagte Daniellot.
Andererseits hätten sich viele Kunden zurückgehalten, weil sie das Ausschreibungsverfahren der chinesischen Regierung abwarten. Dieses sieht vor, die Gesundheitsversorgung in dem Land erschwinglicher zu machen. Die neuen Preise werden noch im November festgesetzt und sollen ab 2023 gelten.
Daniellot geht von einem Preisrückgang von 50 bis 60 Prozent für Implantate in China aus. Da Straumann Märkte wie China oder Indien seit Jahren schon mit günstigeren Produkten bearbeitet, dürfte die Marge nicht zu sehr darunter leiden.
Im Gegenteil: Die neuen Spielregeln in China eröffneten die Chance, signifikant an Volumen zu gewinnen. «Es gibt heute weltweit zwei Milliarden Zähne, die ersetzt werden könnten», sagte der Straumann-Chef.
Ausblick erhöht
Mit Blick nach vorne erhöhte Straumann die Prognose für das laufende Jahr und strebt neu ein Wachstum im mittleren zweistelligen Prozentbereich an, statt wie bisher im niedrigen. Die Messlatte liegt aber tief. Bereits nach neun Monaten kam die Firma auf ein Umsatzplus von 18,0 Prozent. (awp/mc/pg)