Basel – Der Zahnimplantat-Hersteller Straumann verzichtet auf eine angedachte Kooperation mit Align Technology. Damit muss er im Zusammenhang mit Patentstreitigkeiten weitere 16 Millionen US-Dollar an das US-Unternehmen zahlen.
Bei der möglichen Zusammenarbeit ging es um die Entwicklung und den Vertrieb von Scannern für den Mund-Innenraum. Man habe entschieden, eine Kooperation mit Align bei den so genannten «Intraoral-Scannern» nicht weiter zu verfolgen, teilte Straumann am Freitag mit.
Straumann und Align hatten die Zusammenarbeit im Zuge eines Vergleichs zur Beilegung von Patentstreitigkeiten ausgelotet. Ende März hatte die Straumann-Tochter ClearCorrect einen langjährigen Patentstreit mit Align mit einem Vergleich beendet.
Align stellte seinerzeit sämtliche hängigen Verfahren wegen Patentverletzungen gegen ClearCorrect ein, und ClearCorrect zog eine Nichtigkeitsklage gegen bestimmte Align-Patente in den USA und in Brasilien zurück. Der Vergleich kostete Straumann 35 Millionen US-Dollar.
Altlast aus Übernahme
Die Auseinandersetzung geht allerdings auf die Zeit vor der Übernahme von ClearCorrect durch Straumann im Sommer 2017 zurück. Die Kosten des Vergleichs seien denn auch bereits weitgehend im Kaufvertrag berücksichtigt worden, und man reche noch mit einem Einmalaufwand von rund 8 Millionen Franken im ersten Halbjahr 2019, hatte es Ende März geheissen.
Bestandteil des Vergleich war aber eben die unverbindliche Absichtserklärung zur Entwicklung und zum Vertrieb des «iTero Intraoral-Scanners» von Align. Straumann verpflichtete sich, weitere 16 Millionen Dollar Entschädigung zu zahlen, sollte innerhalb von 90 Tagen kein Vertrag geschlossen werden.
Ende April hiess es dann aber bei der Veröffentlichung der Zahlen zum ersten Quartal, dass die Gruppe in ihren Ergebnissen für das erste Halbjahr 2019 eine maximale Einmalbelastung von 24 Millionen Franken erwarte – also die zuvor in Aussicht gestellten 8 Millionen plus die eventuell anfallenden weiteren 16 Millionen.
Sonderaufwand von 24 Millionen Franken
Da diese Zahlung nun tatsächlich fällig wird, rechnet Straumann nicht überraschend mit einem einmaligen Sonderaufwand von 24 Millionen Franken im Semesterergebnis.
Straumann setzt indes weiterhin auf ein intraorales Scanner-Angebot. Genannt wird der angekündigte «Virtuo Vivo Intraoralscanner». Auch werden weiterhin Partnerschaften angestrebt, um «das Potenzial des schnell wachsenden ClearCorrect-Geschäfts voll auszuschöpfen».
ClearCorrect entwickelt transparente Zahnspangen für Zahnärzte, die in Nordamerika oder in Australien, Israel, Neuseeland und Grossbritannien von Händlern bedient werden.
Aktie gibt ab
An der Börse zeigen sich die Aktien am Freitag im frühen Handel tiefer. Nach einem kaum bewegten Start notieren Straumann gegen 9.25 Uhr 1,8 Prozent im Minus bei 834,20 Franken, während der Gesamtmarkt ebenfalls leicht verliert. Im bisherigen Jahresverlauf hatten die Aktien des Zahnimplantate-Herstellers allerdings einen sehr guten Lauf und stehen trotz des aktuellen Verlusts 35 Prozent im Plus.
Für die ZKB kommt die jüngste Nachricht nicht überraschend: «Die jahrelangen Patentstreitigkeiten konnten trotz des Vergleichs kaum eine gute Grundlage sein für eine von Vertrauen geprägte Kooperation», kommentiert die zuständige Analystin. Der Sonderaufwand im Zusammenhang falle nun zwar höher aus, bleibt aber insgesamt überschaubar.
Die ZKB-Expertin erachtet das Investment in Straumann wegen «der vielen innovativen Produkte und der attraktiven Märkte» als weiterhin vielversprechend und bestätigt das Rating «Übergewichten».
Vontobel bestätigt ebenfalls die Kaufbestätigung. Straumann habe vor kurzem angedeutet, dass die finanziellen Bedingungen des Align-Angebots sehr attraktiv gewesen seien. Allerdings hätte das Unternehmen Einblick in seine Kundenbasis gewähren müssen, was missfallen habe, kommentiert der Analyst. (awp/mc/ps)
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