Basel – Die Straumann-Gruppe zieht immer wieder mit einer hohen Kadenz an Akquisitionen die Aufmerksamkeit auf sich. So auch am Mittwoch mit der Übernahme der Kontrollmehrheit an der taiwanesischen T-Plus. Plan hinter der Übernahmestrategie ist die geografische und produktmässige Diversifikation zum Komplettanbieter.
Die Basler Gesellschaft war lange Zeit bekannt als führender Hersteller von Dentalimplantaten im sogenannten Premium-Markt, also im hochpreisigen Segment. Mit diesen Produkten erzielte Straumann Jahre lang Margen, von denen Unternehmen in anderen Branchen nur träumen können – in Spitzenjahren kletterte die Betriebsmarge (EBIT-Marge) bis auf 30 Prozent.
Druck von Billiganbieter
Wie so häufig in Erfolgsgeschichten zu beobachten, geriet auch jene von Straumann plötzlich ins Stottern, nämlich in der Zeit des Ausbruchs der globalen Finanzkrise. Der Konjunkturabschwung bremste das Wachstum und die Margen brachen bis auf 15 Prozent im Jahre 2012 ein. Zudem hatte sich im Schatten der Premiumhersteller über Jahre eine starke Konkurrenz von Herstellern von niedrigpreisigen und niedrigmargigen Produkten etabliert, die nun Straumann zusetzten.
In der Not wurde der volle Einstieg ins Non-Premium-Segment beschlossen und auch durch verschiedene Übernahmen in die Tat umgesetzt. So erwarb die Gesellschaft 2012 den führenden brasilianischen Value-Hersteller Neodent. Weitere Akquisitionen folgten wie zum Beispiel die Beteiligungen an der französischen Anthogyr und der taiwanesischen T-Plus, womit das Unternehmen vor allem die Expansion in den chinesischen Markt für preislich attraktive Implantatlösungen vorantrieb.
Doch damit nicht genug. Das Unternehmen wollte sich nicht bloss um ein weiteres Implantat-Segment erweitern: Es setzte sich zum Ziel, zu einem Gesamtlösungsanbieter in der ästhetischen Zahnmedizin zu werden.
Auch diesen Anspruch löste Straumann in den vergangenen Jahren ein. So kaufte es beispielsweise 2011 Dental Wings, ein führender Anbieter digitaler Lösungen für die Dentalbranche und im vergangenen Jahr ClearCorrect, einem amerikanischen Anbieter durchsichtiger Zahnschienen.
Alles aus einer Hand von Straumann
Insgesamt hat Straumann das Portfolio in den vergangenen Jahren so weit verbreitert, dass der Zahnarzt als Kunde heute vieles aus einer Hand von Straumann beziehen kann. Auch geografisch ist die Gesellschaft breiter aufgestellt als noch vor der Krise. Überlegt wird zudem, mit welchem Konzept Straumann in den Bereich Prävention einsteigen will.
Durch diese Erweiterung bewegt sich Straumann heute in einem Markt in dem jährlich rund 11 Milliarden Franken umgesetzt werden, während in den Zeiten als reiner Premium-Hersteller noch ein Markt in der Umsatzgrösse von etwa 3,7 Milliarden bearbeitet worden war.
Auch in den Geschäftszahlen schlug sich die Expansion nieder. So überschritt Straumann 2017 im Umsatz erstmals die Grenze von 1 Milliarde Franken, verglichen mit rund 780 Millionen vor zehn Jahren und die EBIT-Marge hat sich wieder auf rund 25 Prozent erholt.
Die Marktteilnehmer fanden nach anfänglicher Skepsis gefallen am Strategiewechsel von Straumann. Die Titel gehören seit einigen Jahren zu den überdurchschnittlichen Performern unter den Schweizer Aktien. Allein in diesem Jahr haben die Valoren etwas über 9 Prozent zugelegt, während der Gesamtmarkt (SPI) 0,7 Prozent einbüsste. (awp/mc/ps)