Streit um Roaminggebühren in der Schweiz geht in nächste Runde

Streit um Roaminggebühren in der Schweiz geht in nächste Runde

Motionärin Natalie Rickli, Nationalrätin SVP ZH. (Foto: natalie-rickli.ch)

Bern – In der Europäischen Union gehören die Roaminggebühren bald der Vergangenheit an. In der Schweiz aber kassieren die grossen Telekomunternehmen weiterhin jährlich rund 800 Mio CHF für die Mobiltelefonie im Ausland. Konsumenten können nur auf die nächste Gesetzesrevision hoffen.

Das Thema Roaminggebühren kommt regelmässig im Parlament aufs Tapet. Zuletzt hat der Ständerat im März aber gleich zwei Motionen abgelehnt, mit welchen der Nationalrat die Tarife für die Handynutzung im Ausland deckeln wollte.

Die Ständeräte argumentierten, die Branche habe die Tarife in den letzten Jahren bereits stark gesenkt. Auch dieses Jahr haben die grossen Anbieter in der Schweiz ihre Roaminggebühren angepasst.

«Es ist jedes Mal dasselbe», bedauert Florence Bettschart, Verantwortliche der Sektion Politik und Recht der Westschweizer Konsumentenorganisation Fédération romande des consommateurs (FRC). Wenn es eine Debatte im Parlament gebe, bewegten sich die Anbieter ein wenig. Aber das sei Augenwischerei.

Eine Regulierung der Roamingkosten sei weiterhin notwendig, auch wenn die Anbieter die Gebühren senken wollten, hiess es nach dem Entscheid des Ständerates auch von der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS).

Lukrative Dienstleistung
Die Schweizer reisten viel und seien für die Anbieter eine kaufkräftige Kundschaft, stellt Bettschart fest. Nach den letzten verfügbaren Zahlen des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) nahmen die drei grossen Telekomanbieter Swissom, Salt (vormals Orange) und Sunrise 2013 rund 790 Mio CHF an Roaminggebühren ein.

In einem Bericht vom November 2014 anerkennt das Bakom, dass die Preise für Anrufe und SMS noch immer höher seien als in der EU üblich. Schätzungen zufolge zahlt ein Schweizer im Schnitt drei Mal so viel für ausgehende Anrufe wie ein Europäer höchstens zahlt. Für eingehende Anrufe ist es sogar sechs Mal so viel.

Gsetzesrevision ab 2016
Laut der Zürcher SVP-Nationalrätin Natalie Rickli, die eine der beiden Motionen im Parlament eingereicht hat, fehlt es vor allem an der Transparenz über die erzielten Margen der Anbieter. Die Telekomanbieter sollten ihrer Ansicht nach ebenso wie das Bakom alle Zahlen und Daten zum Roaming offen legen.

Die Nationalrätin will die Problematik bei der nächsten Gesetzesrevision wieder aufgreifen. Zu einem früheren Zeitpunkt habe ein solcher Versuch im Parlament aber wenig Chancen, sagt sie.

Die angestrebte Revision des Fernmeldegesetzes kommt voraussichtlich 2016 auf den Tisch. Das Projekt des Bundesrates soll Ende 2015 in die Konsultationsphase kommen. Auch das Thema Roaming soll im neuen Gesetz eine Rolle spielen.

Die FRC ihrerseits hofft, dass damit das Ende oder zumindest eine Höchstgrenze der Tarife einläutet wird. Der Paradigmenwandel in der EU dürfte etwas Bewegung in die Sache bringen. Die Frage sei aber, ob der Wandel in der Schweiz in fünf, zehn oder zwanzig Jahren komme, sagt Bettschart.

Keine Lösung mit EU in Sichtweite
Im eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation von Doris Leuthard rechnet man damit, dass die Schweizer Anbieter dem Trend der EU-Länder folgen und fortlaufend attraktivere Konditionen anbieten. Deswegen sei eine Regulation des Preises nicht erforderlich.

Die Schweiz sei zudem nicht Mitglied der EU, die Anbieter müssten deshalb die Preise aushandeln, sagte Leuthard während der Ständeratsdebatte zum Thema. Dieses Problem liesse sich mit einem neuen bilateralen Abkommen lösen. Wegen der unbeantworteten institutionellen Fragen sei ein solches politisch aber nicht in Reichweite.

Die grossen Anbieter machen dasselbe Argument geltend. Die Schweizer Unternehmen profitierten nicht von regulierten Einkaufspreisen und müssten diese individuell mit jedem ausländischen Anbieter aushandeln, erklärt die Swisscom.

Sunrise versichert, dass ein Preisvergleich zwischen den Roamingdienstleistungen mit jenen aus der EU kaum Sinn mache, da die Preise durch den Gesetzgeber gesenkt wurden. Im Gegenteil kompensierten die europäischen Anbieter in der Schweiz die Verluste in anderen Märkten. (awp/mc/ps)

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