Sulzer mit blauem Auge davongekommen: Kosten durch US-Sanktionen 10 Mio CHF
Winterthur – Der Industriekonzern Sulzer ist mit einem blauen Auge davongekommen: Die US-Sanktionen gegen Hauptaktionär Viktor Vekselberg und andere russische Oligarchen, die das Unternehmen letzte Woche in Existenznöte gebracht hatten, hinterlässt lediglich einen Schaden von rund 10 Millionen Franken. Auf das Geschäft schlug der US-Bannstrahl nicht durch. Im ersten Quartal hat Sulzer so viele Aufträge erhalten wie noch nie.
«Wir waren ein Kollateralschaden der US-Sanktionen», sagte Konzernchef Grégoire Poux-Guillaume am Donnerstag in einer Telefonkonferenz. Die US-Behörden hätten gar nie die Absicht gehabt, Sanktionen gegen Sulzer zu verhängen. «Die waren genauso überrascht wie wir über die Konsequenzen für Sulzer.»
Am 6. April hatte die US-Regierung harte Sanktionen gegen russische Oligarchen, Regierungsvertreter und Firmen verhängt. Washington begründete dies allgemein mit «andauernden und immer dreisteren boshaften Aktivitäten der russischen Regierung überall in der Welt». Dies schlug auch auf Sulzer durch, weil der russische Milliardär Viktor Vekselberg mit gut 63 Prozent mehr als die Hälfte am Winterthurer Traditionskonzern besass.
Dies brachte Sulzer in Existenznöte. Bankkonten wurden blockiert und Sulzer konnte auf der ganzen Welt keine Überweisungen mehr in Dollar tätigen. «Wir konnten teilweise die Angestellten nicht mehr bezahlen, wir konnten keine neuen Aufträge annehmen, wir waren gelähmt», sagte Poux-Guillaume anfangs Woche im Schweizer Fernsehen.
Befreiungsschlag geglückt
In einer Notfallübung kaufte Sulzer eigene Aktien im Wert von 546 Millionen Franken von Vekselbergs Firma Renova zurück, damit der Anteil des Investors unter die Schwelle von 50 Prozent sank. Renova hält nun noch 48,8 Prozent an Sulzer.
Damit gelang der Befreiungsschlag: Die US-Behörde OFAC, die ausländische Vermögenswerte kontrolliert, segnete den Deal ab und gab die Vermögen von Sulzer in den USA wieder frei. «Wir sind aus dem Schneider und wieder zurück im Normalbetrieb», sagte Poux-Guillaume am Donnerstag. Sulzer unterliege keinerlei Sanktionen mehr.
Dies betrifft vor allem die USA, die fast einen Viertel zum Konzernumsatz beisteuern. Im letzten Jahr hatte Sulzer dort mehr als 700 Millionen Franken erwirtschaftet. Aber nicht nur das US-Geschäft war blockiert. Vor allem im Öl- und Gassektor, der mehr als 45 Prozent am Umsatz ausmacht, wickelt Sulzer auch mit in anderen Ländern Geschäfte in US-Dollar ab, wenn auch weit weniger umfangreich.
Kosten von 10 Millionen Franken
Die vorübergehenden Sanktionen dürften einmalige Kosten von rund 10 Millionen Franken verursachen. Darin enthalten seien die kurzzeitige Unterauslastung in den USA und die anschliessende Nachproduktion. Auch die Kosten für die teuren US-Anwälte seien in den 10 Millionen drin, schätzte Poux-Guillaume: «Ich habe allerdings noch nicht alle Rechnungen erhalten.»
Der Konzern habe durch den US-Bannstrahl kaum Geschäft eingebüsst. Er habe keine Anzeichen gesehen, dass Kunden Sulzer wegen der Sanktionsgeschichte keine Aufträge gegeben hätten, sagte Poux-Guillaume: «Wir haben vielleicht ein paar 100’000 Dollar links und rechts verloren.» Man gewinne Aufträge und man verliere Aufträge. Das gehöre zum normalen Geschäft. Die Kunden seien Sulzer sehr treu geblieben.
Gerade das Öl- und Gasgeschäft befindet sich in kräftigem Aufwind. Im ersten Quartal legte der Bestellungseingang um rund 19 Prozent auf 900,2 Millionen Franken zu. Das ist ein neuer Rekord. In allen Divisionen war das Wachstum kräftig.
Mit dem Auftragsrekord hat Sulzer die Erwartungen der Finanzgemeinde deutlich übertroffen. Zudem halte man an den Jahreszielen fest, sagte der Konzernchef. An der Schweizer Börse schoss die Aktie bis gegen 13 Uhr um 4,9 Prozent auf 117,90 Fr. hoch. Damit hat der Titel wieder einen guten Teil der Einbussen nach Verhängung der US-Sanktionen wettgemacht.
Vekselberg trägt Kursrisiko
Das Kursrisiko für die von Vekselberg zurückgekauften 5 Millionen Aktien trägt der russische Milliardär: Man habe einen vollständigen Preisanpassungsmechanismus ohne zeitliche Begrenzung vereinbart, sagte der Poux-Guillaume. Sollte Sulzer die Aktien später einmal zu einem niedrigeren Preis verkaufen als die bezahlten 109,13 Franken, werde dies vollständig kompensiert.
Um dies garantieren, überweise Sulzer nur 80 Prozent des Kaufpreises auf ein Sperrkonto. Die restlichen 20 Prozent behalte der Konzern als Absicherung gegen einen allfälligen Kursrutsch der Sulzer-Aktien. (awp/mc/ps)