Sunrise übernimmt UPC Schweiz für 6,3 Mrd Franken

Zürich – Zweiter Anlauf für eine Mega-Hochzeit in der Schweizer Telekombranche nach fast einem Jahrzehnt: Sunrise will UPC für 6,3 Milliarden Franken kaufen. Damit schliessen sich die Nummern zwei im Mobilfunk und im Festnetz zusammen, um der mächtigen Swisscom die Stirn zu bieten.

«Wir können so den grössten Herausforderer der Swisscom im Schweizer Markt schaffen», erklärte Sunrise-Chef Olaf Swantee am Donnerstag in einer Telefonkonferenz. «Wir haben alle Zutaten, um zu gewinnen.» Man könne das Mobilfunknetz von Sunrise mit dem Kabelnetz von UPC kombinieren.

Bisher ist Sunrise als zweitgrösster Telekomanbieter der Schweiz nur im Mobilfunk die Nummer zwei hinter der Swisscom. Im Festnetz liegt sie auf Platz drei hinter Branchenprimus Swisscom und der jetzigen Braut UPC, im TV-Geschäft ist sie gar nur die Nummer vier hinter der Swisscom, UPC und der Kabelnetzbetreiberin Quickline. Umgekehrt ist UPC als grösste Kabelnetzbetreiberin der Schweiz nur im TV und Festnetz stark, leidet dort aber unter einem beschleunigten Aderlass an der Kundenfront. Dagegen ist die Mobilfunksparte trotz des steilen Wachstums immer noch sehr klein.

Näherrücken an Swisscom
Mit der Übernahme von UPC gewinnt Sunrise auch im Fernseh-, Internet- und Festnetztelefoniegeschäft deutlich an Gewicht und rückt der Swisscom näher. Gemeinsam mit UPC erreiche Sunrise im TV-Geschäft einen Marktanteil von 31 Prozent und im Internet einen Anteil von 30 Prozent. Im Mobilfunk betrage der gemeinsame Marktanteil knapp ein Viertel.

Zudem erhält Sunrise mit UPC endlich ein eigenes Festnetz zu den Endkunden. Bisher muss sie es von der Swisscom oder den Stromversorgern mieten. Dies stärke den Wettbewerb, sagte Sunrise-Chef Swantee: Das Ziel der neuen Sunrise sei es, Marktanteile zu gewinnen. Dies gelte sowohl bei Privat- als auch bei Geschäftskunden. Auch hier würden sich UPC und Sunrise gut ergänzen. Während Sunrise bei grossen Unternehmen stark sei, habe UPC den Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gelegt.

Swisscom mit Marktanteil von 60%
Allerdings ist der Abstand im Mobilfunk zum Platzhirsch Swisscom immer noch gross: Der «blaue Riese» kommt auf etwa 60 Prozent des Marktanteils. Bei den Geschäftskunden ist die Lage noch erdrückender. Dagegen ist der Unterschied im lukrativen TV-Geschäft mit 35 (Swisscom) zu 31 Prozent (Sunrise) Marktanteil nicht allzu gross.

Swisscom muss vorerst wenig befürchten
«Die Swisscom wird vorerst wenig befürchten müssen», urteilte Telekomexperte Ralf Beyeler vom Internetvergleichsdienst Moneyland. «Auch nach der Fusion bleibt die Swisscom mit Abstand der grösste Telekomanbieter der Schweiz. Die Swisscom hat eine sehr grosse Kundenbasis, für die ein Wechsel des Telekomanbieters nicht in Frage kommt.»

Dennoch wird die Swisscom die erstarkte Konkurrentin zu spüren bekommen: UPC hatte erst auf Anfang Jahr für ihr Mobilfunkangebot von Salt zum «blauen Riesen» gewechselt. Mit dem Kauf von UPC will Sunrise Bündelangebote nur noch mit Sunrise-Mobilfunkabos auf den Markt bringen. Damit dürfte dem Mobilfunkvertrag der Swisscom mit UPC der Boden weggezogen werden, der derzeit 146’000 Handykunden umfasst.

Und im Breitbandinternet will Swantee Gas geben: Mit dem Kabelnetz von UPC erreicht Sunrise rund 60 Prozent der Haushalte mit einer Maximalgeschwindigkeit von derzeit bis zu 600 Megabit pro Sekunde (Mbit/s), dessen Aufrüstung mit der neuen Technologie Docsis 3.1 auf das Spitzentempo 1 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) noch in diesem Jahr beginnen soll.

Die ähnlich schnellen Glasfaseranschlüsse der Swisscom decken dagegen lediglich ein Drittel der Haushalte der Schweiz ab. Die restlichen Gebäude muss die Swisscom mit den langsameren Kupferleitungen versorgen.

Wechsel vom Kupfer- zum Kabelnetz
Aus Kostengründen werde die neu fusionierte Sunrise versuchen, möglichst viele Kunden an das Kabelnetz von UPC anzuschliessen, um weniger Mietleitungen bei der Swisscom und den Elektrizitätswerken bezahlten zu müssen, schätzt Beyeler. «Wir werden künftig weniger auf das Kupfernetz der Swisscom setzen», sagte Swantee im Gespräch.

Bei den Glasfaserleitungen der Stromversorger wolle Sunrise aber nicht weniger Gas geben. Die Partnerschaften mit den Elektrizitätswerken seien ein starker Wert. «Das macht die Infrastruktur noch stärker», sagte Swantee.

Sunrise-TV oder die UPC-Plattform?
Welches TV-Angebot Sunrise künftig verwenden will, ist noch nicht klar. Zur Auswahl stehen das bisherige Sunrise-TV und die neue UPC-Plattform, die im Oktober auf den Markt kam. Bestehende Sunrise-Kunden könnten sich nun aber auch auf die Spiele der Schweizer Eishockeymeisterschaft freuen, deren Rechte bisher UPC inne hatte, sagte Swantee.

Stellenabbau
Auswirkungen hat der Zusammenschluss allerdings auf die Beschäftigten. Es werde zu Stellenstreichungen im Management und in der Administration kommen. Es sei aber noch zu früh, das Ausmass des Abbaus zu beziffern, sagte Swantee.

Auf der anderen Seite will Sunrise einen Teil der Dienstleistungen in die Schweiz holen, die für UPC derzeit in Amsterdam erledigt werden. Das dortige Team ist für die TV-Plattform, die Mobilfunkplattform, das Management der Kundenbeziehungen und die Erstellung der Rechnungen zuständig.

Kein Veto der Weko befürchtet
Auf die Frage, warum der Deal jetzt durchgeführt werde, antwortete Swantee: «Sunrise ist stark wie noch nie. Zudem war die Gelegenheit jetzt da und die gibt es später vielleicht nicht mehr.» Ein Telekomexperte meinte, wenn Sunrise UPC nicht gekauft hätte, hätte Salt sich die Kabelnetzbetreiberin geschnappt.

Swantee zeigte sich zuversichtlich, dass die Eidg. Wettbewerbskommission (Weko) dem Deal ihren Segen geben werde, anders als 2010. Damals hatten die Kartellwächter die geplante Fusion von Orange (heute Salt) und Sunrise verboten. Damals habe es sich um einen Zusammenschluss von zwei Firmen gehandelt, die vor allem im Mobilfunk stark gewesen seien. Dagegen sei der jetzige Zusammenschluss von Sunrise und UPC komplementär. (awp/mc/pg)

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