Wahlen 2023: Grosser Sieg der SVP auf Kosten der beiden grünen Parteien
Bern – Jubeltag für die SVP: Nach ihrer Wahlschlappe vor vier Jahren hat die Partei gut zwei Drittel ihrer damals verlorenen Nationalratsmandate zurückerobert. Auf der anderen Seite verlieren die Grünen fast ein Fünftel ihrer Delegation, die Grünliberalen über ein Drittel. Im Ständerat hingegen ist noch vieles offen.
Der SVP ist es offenbar gelungen, über das Thema Migration und Asyl zu mobilisieren. Wegen des zusätzlichen Gewinns der rechten Kleinparteien sprachen Politologen am Wahlabend von einem «Rechtsrutsch mit Protestcharakter». Nach der «grünen Welle» vor vier Jahren herrsche nun «grüne Flaute».
Stärkung des rechten Pols
Insgesamt resultiert im Vergleich zu 2019 eine Stärkung der Ratsrechten um elf Sitze, während die Ratslinke fünf Nationalrätinnen und Nationalräte weniger stellt als bis anhin. Wegen der Verluste von GLP und EVP steht die politische Mitte insgesamt trotz Zugewinnen der Mitte-Partei mit minus sechs Sitzen etwas schwächer da als in der ablaufenden Legislaturperiode.
Anders als nach den Wahlen 2015 werden die Fraktionen von SVP und FDP jedoch keine Mehrheit im Nationalrat haben. Zusammen mit EDU, Lega und der Genfer Protestbewegung MCG kommen SVP und FDP gemäss Endresultaten auf 95 Sitze. Mitte, GLP und EVP erhalten demnach 41 Mandate. SP und Grüne kommen zusammen auf 64 Sitze.
Mit Abstand stärkste Partei im Land bleibt die SVP. Sie kommt neu auf 62 Sitze – ein Plus von neun Sitzen. Die Grünen verlieren fünf Sitze und haben noch 23 Mandate. Noch zehn statt 16 Sitze hat die GLP. Beide grünen Parteien verfügen aber immer noch über eine grössere Gruppe als vor acht Jahren.
Keine Corona-Gegner im Parlament
Die SP gewinnt zwei Sitze hinzu, kommt neu auf 41 Sitze und bleibt zweitstärkste Partei in der grossen Kammer. Die Mitte überholt mit dem Zugewinn von einem Sitz mit 29 Sitzen die FDP, welche 28 Nationalratsmandate hat, eines weniger als 2019.
Der Wähleranteil der Freisinnigen geht seit 2015 stetig zurück. Die neu benannte Mitte-Partei kann über die Summe aus CVP und BDP zulegen und spielt in den nächsten vier Jahren weiterhin die wichtige Rolle der Mehrheitsbeschafferin.
Bei den kleineren Parteien kommt es ebenfalls zu Verschiebungen. Die EVP – derzeit Teil der Mitte-Fraktion – verliert mit Parteipräsidentin Lilian Studer (AG) einen ihrer drei Sitze. Dafür gewinnen kleine Rechtsparteien insgesamt drei Sitze hinzu, zwei davon gehen auf das Konto der Genfer Protestpartei MCG. Die EDU holt in Zürich ein zusätzliches zweites Mandat. Die Tessiner Lega hält ihren einzigen Sitz.
Prominente Comebacks und Abgänge
Auffallend ist das Comeback des MCG im Kanton Genf. Die Protestpartei war bereits von 2011 bis 2019 in der grossen Kammer vertreten. Die personelle Zusammensetzung der neuen MCG-Vertretung im Nationalrat wird vom Ergebnis des zweiten Wahlgangs der Ständeratswahlen abhängen.
Sicher ist: Der ehemalige Staatsrat Mauro Poggia, der von 2011 bis 2013 im Nationalrat gesessen hatte, und Roger Golay, der ihm bis 2019 gefolgt war, kehren unter die Bundeshauskuppel zurück. Poggia hat allerdings auch noch Chancen auf eine Wahl in den Ständerat.
Zu den nicht wiedergewählten Linkspolitikern im Nationalrat gehören unter anderen die Zürcherin Meret Schneider (Grüne), die Freiburgerin Ursula Schneider Schüttel (SP), der Basler Mustafa Atici (SP) und der Neuenburger Denis de la Reussille von der PdA.
Bei den Grünliberalen trifft es unter anderen die Zürcherin Judith Bellaiche, den Zürcher Jörg Mader und den Genfer Michel Matter nach nur einer Amtszeit. Auch der Luzerner Roland Fischer schaffte die Wiederwahl nicht.
31 Ständeratsmitglieder gewählt
Im Ständerat sind erst 31 der 46 Sitze vergeben. Davon holte sich die Mitte-Partei zehn und die FDP neun. Dahinter folgen die SP mit vorläufig fünf Sitzen, die SVP mit deren vier und die Grünen mit drei. In zehn Kantonen sind zweite Wahlgänge für noch weitere 15 Ratsmitglieder nötig.
Zwei der Ständeratsmitglieder schafften die Wiederwahl nicht: Othmar Reichmuth (Mitte/SZ) wurde von der früheren FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi aus dem Stöckli verdrängt. Der Neuenburger Freisinnige Philippe Bauer muss dem Sozialdemokraten Baptiste Hurni Platz machen.
Neu im Ständerat sind neben Hurni und Gössi auch Pirmin Schwander (SVP/SZ) als Nachfolger von Alex Kuprecht (SVP), Pierre-Yves Maillard (SP/VD) und der Glarner Benjamin Mühlemann (FDP). Er folgt auf den zurückgetretenen Thomas Hefti (FDP). (awp/mc/ps)