Bern – Isolierung von Risikopersonen, Tragpflicht von Schutzmasken, strenge Einreisekontrollen: Die SVP fordert den Bund auf, seine Strategie zur Bekämpfung des Coronavirus ab Mitte April zu ändern. Ansonsten wären die wirtschaftlichen Schäden nur schwer reparierbar.
Die vom Bundesrat via Notrecht bis zum 19. April 2020 getroffenen Massnahmen schützten die gefährdeten Bevölkerungsgruppen, attestiert die SVP in einem Strategiepapier, das die Fraktion einstimmig verabschiedet hat. Danach brauche es aber einen neuen wirtschafts- und gesundheitspolitischen Weg. Sonst drohten Massenarbeitslosigkeit und Firmenzusammenbrüche.
«Wir müssen möglichst rasch aus dem Notrecht hinaus», sagte alt Bundesrat Christoph Blocher am Dienstag an einer Telefonkonferenz. Weder eine weitergehende Isolation – «Hunger und Armut würden folgen» – noch die sofortige Aufhebung aller Massnahmen – «zu früh» – seien zielführend. Es brauche einen Mittelweg.
Restriktive Einreisekontrollen
Die SVP schlägt vor, dass sich besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen bis zur Eindämmung des Virus so weit wie möglich isolieren sollten. Der verstärkte Grenzschutz sei aufrechtzuerhalten. Einwanderer und Einreisende aus Risikogebieten seien ebenso abzuweisen wie Personen, die nicht zweifelsfrei nachweisen könnten, dass sie frei vom Coronavirus seien. Ankommende Schweizer müssten für eine gewisse Zeit in die Quarantäne.
Daneben fordert die SVP die Einführung einer allgemeinen Tragepflicht von Schutzmasken, wo ein Kontakt zwischen Menschen stattfindet. Die nicht gefährdete Bevölkerung soll so wieder arbeiten dürfen.
Ab sofort müsse der Bund die «Mängel in der Krisenvorsorge» sofort beheben, schreibt die Fraktion weiter. Dies gelte vor allem für die Beschaffung von Schutzmasken und -kleidung, von Tests sowie von Beatmungsgeräten. Dieser Forderung sei höchste Priorität einzuräumen.
«Hygienemasken sind eine Riesenhilfe»
«Die Verhaltensregeln des Bundes sind richtig, kamen aber zu zögerlich», urteilte die Thurgauer SVP-Nationalrätin Verena Herzog. Zudem sei es unverständlich, dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Wirksamkeit von Hygienemasken immer wieder infrage stelle. Das sei eine reine Notlüge, weil die Pflichtlager nicht gefüllt seien.
«Hygienemasken halten Viren zurück und sind logischerweise eine Riesenhilfe, wenn auch kein hundertprozentiger Schutz vorhanden ist», sagte Herzog. Es brauche eine verständliche Aufklärungskampagne, wie die Schutzmasken anzuwenden seien.
Zudem plädierte Herzog für möglichst viele Tests, «damit der Gegner sichtbar wird». Diese Massnahmen ergänzten die bereits geltenden Regeln und ermöglichten, dass bald wieder gearbeitet werde.
Neue Rezepte gefragt
Die Forderungen stellte eine Arbeitsgruppe mit Parteigrössen der SVP über das Wochenende zusammen, wie Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) sagte. Das Ziel sei ein möglichst baldiges Ende des Notstands, weil dieser der Wirtschaft zu stark schade.
Der Shutdown verursache jeden Monat Schäden in Milliardenhöhe, sagte der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter. Die vom Bundesrat gesprochenen 42 Milliarden Franken bezeichnete er als «Schmerzmittel für zweieinhalb Monate». Danach verpuffe die Wirkung des Notprogramms.
Es brauche 25 Jahre, um die entstandenen Schulden wieder abzubauen, ergänzte die Bündner Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher. Deshalb brauche es schnell neue Rezepte. Das Beispiel China zeige, dass mit entsprechenden Vorsichtsmassnahmen die Wirtschaft langsam wieder hochgefahren werden sollte.
Diskussionsgrundlage geschaffen
Aufzuheben sei beispielsweise das Arbeitsverbot, wo kein Homeoffice möglich ist. Läden, Restaurants und Schulen seien unter Einhaltung der wirksamen Schutzmassnahmen zu öffnen. Das Versammlungsverbot sei zu lockern.
Es sei nicht die Aufgabe der SVP, die Ablösung des Notrechts im Detail zu erarbeiten, sagte Martullo-Blocher. Das Strategiepapier solle dem Bund helfen, den Ausstieg auf dem Notrecht vorzubereiten. Der Bundesrat müsse eine schrittweises Hochfahren pro Branche planen.
Die SVP schlägt den anderen bürgerlichen Parteien und den Verbänden vor, diese wirtschafts- und gesundheitspolitische Strategie für die Zeit nach dem 19. April 2020 gemeinsam zu diskutieren und zu beschliessen.
GLP fordert Regeln für Kredite
Die Grünliberalen haben sich am Dienstag ebenfalls zu den bundesrätlichen Notmassnahmen geäussert. Ihrer Ansicht nach braucht es «klare Kriterien, unter welchen die Kredite zu einem späteren Zeitpunkt ganz oder teilweise erlassen werden können». Es brauche eine Art «Krediterlassfilter».
Es gehe dabei nicht um eine staatliche Vollkaskoversicherung, schreibt die GLP in einer Mitteilung. Es gehe darum zu verhindern, dass insbesondere Selbstständige und KMU auf nicht abtragbaren Schuldenbergen sitzen blieben. «Sonst kommt es zeitlich verzögert zu einer Konkurswelle, was dem Ziel der Kreditvergabe diametral zuwiderlaufen würde.» (awp/mc/ps)