Swatch-Chef Hayek geht mit Bundesrat hart ins Gericht
Biel – Nick Hayek, Konzernchef des Uhrenkonzerns Swatch Group, geht mit dem Bundesrat einmal mehr hart ins Gericht. Die Landesregierung betreibe in der Corona-Pandemie Missmanagement, sagte Hayek in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung». Derweil erholt sich das Geschäft der Gruppe vor allem dort, wo die Läden geöffnet sind.
Ladenschliessungen rund um den Globus sowie der Einbruch des Tourismus haben der Uhrenindustrie und damit auch der Swatch Group im vergangenen Jahr hart zugesetzt. Der Umsatz von Swatch brach um 32 Prozent ein und unter dem Strich verblieb erstmals seit 1984 einen Verlust.
Doch die Zeichen stehen auf Erholung. Laut Hayek erholt sich das Geschäft überall dort, wo die Läden wieder geöffnet sind: «Die Leute haben klar das Bedürfnis, nach der erzwungenen Abstinenz vermehrt zu konsumieren», sagte der Swatch-Chef im Interview.
«Der Boom kommt»
Der Boom werde kommen, ist Hayek überzeugt. «In einigen Ländern wie China oder erstaunlicherweise auch den USA ist er bereits da. Wir liegen in den USA heute rund 10 Prozent über 2019, und damals gab es noch Tourismus.»
Grosse Chancen sieht der 66-Jährige nicht nur bei den Luxus-Uhrenmarken, sondern auch bei der Swatch: «Ich sehe keinen Grund, weshalb die Swatch nicht wieder auf 15 oder 20 Millionen Stück kommen kann.» Dies einerseits wegen der guten Erfahrungen, die man jüngst mit dem E-Commerce gemacht habe, anderseits, weil die Swatch in China immer noch wenig bekannt sei.
Doch das soll sich ändern. Während in den USA Läden geschlossen und durch die Aktivitäten im Onlinehandel ersetzt werden, sollen in China für die Marke Swatch parallel zum E-Commerce neue Läden eröffnet werden. Heute betreibt die Marke in China laut Hayek vielleicht 100 Verkaufspunkte. «Allein in China sollten wir 5 bis 6 Millionen Uhren verkaufen können», so Hayek.
Aus Fehlern lernen
Dem Bundesrat stellt Hayek in der Krisenbewältigung ein vernichtendes Zeugnis aus. «Man darf ja Fehler begehen. Aber man sollte daraus lernen, was nicht passiert ist», sagte der Swatch-Chef weiter. Im Juli letzten Jahres sei er zusammen mit anderen Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft beim Gesamtbundesrat zu einer Klausur eingeladen worden.
Auf dem Landsitz Lohn habe er in einer kurzen Präsentation aufgezeigt, wie die Massnahmen in China, Taiwan oder Korea sich auf das lokale Kundenverhalten ausgewirkt hätten. Und dass die Schweiz aus diesen Erfahrungen lernen sollte, besser mit der Krise umzugehen. Der Bundesrat habe darauf steif und uninspiriert reagiert. Das Treffen habe eher wie eine Alibiübung gewirkt. Wie es der Uhrenindustrie und den Arbeitern gehe, habe keinen interessiert. Hayek: «Würden Sie mit solchen Piloten gerne ins Flugzeug steigen?»
Der undifferenzierte und unpragmatische Lockdown wie in Europa und der Schweiz sei ein Fehler gewesen. Viele Länder, vor allem in Asien, seien deutlich geschickter vorgegangen. In China habe es nur ganz am Anfang einen Lockdown gegeben, als man noch keine Erfahrungen mit dem Virus gehabt habe.
Unabhängigkeit bleibt wichtig
Auf seine persönlichen Pläne angesprochen sagte Hayek: «Ich habe keinen Plan, dazu bin ich viel zu spontan und zu kreativ. Aber seien Sie beruhigt. Wenn mir morgen etwas zustossen würde, gäbe es kein Vakuum.» In seinem Neffen Marc Hayek, der die Swatch-Luxusmarke Blancpain leitet, sieht Nick Hayek einen möglichen Nachfolger: «Marc Hayek macht einen super Job, ist passioniert und arbeitet schon lange in der Gruppe. Wenn er Lust hat, warum nicht?»
Derweil scheint es weiterhin kein Thema bei Swatch zu sein, die Gruppe von der Börse zu nehmen. Um diesen finanziellen Kraftakt stemmen zu können müssten laut Hayek im Minimum 10 bis 12 Milliarden Franken Schulden aufgenommen werden. Das sei ein «No-Go». Eines der Credos bei Swatch sei nämlich, unabhängig zu sein. (awp/mc/pg)