Swatch kämpft mit Marketing-Gag für Label «Swiss Made»

Swatch

Biel – Dass der Uhrenkonzern seinen Geschäftsbericht in Schweizerdeutsch vorlegt, ist nichts mehr als ein Marketing-Gag. Mit ihm hat der Uhrenkonzern aber die Debatte, wann eine Uhr oder eine Maschine das Label «Swiss Made» tragen darf, neu angeheizt.

Am Eingang des kürzlich fertiggestellten Zifferblattwerks der Swatch-Tochter ETA in Grenchen wurden den Journalisten Gummistiefel angeboten. «Damit Sie wieder einmal spüren, wie es sich anfühlt, im Dreck zu stehen und nicht nur im Büro zu sitzen», erklärte Swatch-Chef Nick Hayek den Pressevertretern im Saal.

Diese Worte zeigen, welches Bild Hayek von sich und «seiner» Swatch vermitteln will: Der Weltkonzern, der die Teppichetagen meidet, eigensinnig ist, mit beiden beiden auf dem Boden oder eben mit Gummistiefeln im Dreck steht. Oder anders gesagt: richtig schweizerisch ist.

«Eimaligi Dialäkt-Usgaab»
Swissness ist das grosse Thema von Hayek. Den Geschäftsbericht gibt’s dieses Jahr in Englisch, Französisch und – Schweizerdeutsch. «Eimaligi Dialäkt-Usgaab!» steht mit roten Lettern auf dem Bericht 2012. Auf eine gedruckte Form in Deutsch (diese ist nur elektronisch verfügbar) wurde erstmals verzichtet.

«Warum sollten wir nicht einen Geschäftsbericht auf Schweizerdeutsch herausgeben? Wir sind schliesslich ein Schweizer Unternehmen», sagte Hayek der Nachrichtenagentur sda am Rande der Jahresmedienkonferenz vom Mittwoch. Die Schweiz dürfe durchaus selbstbewusster auftreten.

Die Sprache – jedes Kapitel wurde in einem anderen Dialekt abgefasst – sei dabei relativ frei gewählt worden. Swatch habe keine akademische Arbeit machen wollen, sagte Hayek. «Vielleicht wird ein Appenzeller oder Walliser auch da und dort etwas finden, das nicht ganz seinem Dialekt entspricht.»

«Swiss Made» ist mehr wert
Dem Konzern geht es mit dem Jahresbericht in Schweizerdeutsch auch darum, auf seine Position in der Swissness-Debatte aufmerksam zu machen. Bei der so genannten Swissness-Vorlage zum Schutz von Produkten aus einheimischer Produktion fordert Swatch zusammen mit dem Verband der Schweizer Uhrenindustrie FH eine 60%-Regel: So hoch soll der aus der Schweiz stammende Wertanteil mindestens sein, damit ein Erzeugnis als Schweizer Produkt gilt. Hintergrund sind auch kommerzielle Überlegungen. Produkten, die das Schweizerkreuz tragen, messen die Konsumenten besondere Qualitätseigenschaften zu. «Swiss Made» ist gemäss dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse auf dem Markt bis zu 20% mehr wert.

Der Bundesrat steht hinter der 60%-Regel für industrielle Produkte. Auch Economiesuisse unterstützt den Swissness-Gedanken. So will der Verband unter anderem eine gültige Rechtsgundlage für die Verwendung des Schweizerkreuzes forcieren. Allerdings sei man gegen eine allgemeingültige Regel. Für die Uhrenindustrie sei die Richtlinie sinnvoll, so die Meinung von Economiesuisse, doch allen Branchen soll sie nicht aufgezwungen werden.

Das Markenschutzgesetz war bereits in beiden Schweizerischen Räten Thema, allerdings bisher ohne Resultat. Kommende Woche befasst sich der Nationalrat erneut mit der Vorlage.

economiesuisse «liegt auf der Intensivstation»
In der Schweiz werde viel zu oft nur um die Verteilung von Geld geredet, betonte Hayek am Mittwoch. «Dabei müssen wir wieder darüber reden, wie wir das Geld verdienen.» Das gehe nur mit qualitativ hochwertigen Produkten, für welche die Schweizer Industrie mit der Marke «Swiss Made» stehe.

Auf Economiesuisse ist Swatch, und insbesondere Nick Hayek, nicht mehr gut zu sprechen. «Economiesuisse ist überhaupt nicht mehr glaubwürdig», schimpfte er vor den Pressevertretern und holte zu einem Rundumschlag aus. Die Organisation habe selbstverständlich seine Daseinsberechtigung. «Aber momentan liegt der Verband auf der Intensivstation und will immer noch Arzt spielen.» Die einzige Organisation, die sich für den Industriestandort Schweiz eingesetzt habe, sei die Schweizerische Nationalbank (SNB). Weder von den Politikern noch von Economiesuisse spüre man diese Unterstützung.

Rekordzahlen für 2012
Dabei hätte der Firmenchef allen Grund zur Freude. Swatch kann für das vergangene Geschäftsjahr einmal mehr Rekordzahlen präsentieren. Der Umsatz stieg um 14% auf 8,14 Mrd CHF, der Reingewinn kletterte gar um 26% auf 1,61 Mrd CHF. Die Zahlen hatte Swatch bereits im Februar bekanntgegeben.

Auch die Aussichten sind gut. Hayek geht im laufenden Jahr von einem Wachstum der Schweizer Uhrenindustrie von 5 bis 105 aus. Umsatzprognosen zur Swatch Group gab er keine bekannt. Er sagte lediglich, dass man stärker als der Markt wachsen will. Auch ein Umsatz von 9 Mrd CHF sei im Bereich des Möglichen, aber nicht das Ziel.

Diese zurückhaltenden Aussagen zu den Geschäftsaussichten verleitete die Anleger offenbar dazu, Swatch-Papiere auf den Markt zu werfen. Bis Börsenschluss verlor die Inhaber-Aktie 2,2% an Wert auf 532,50 CHF. (awp/mc/pg)

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