Swico: Schweizer ICT-Branche im Schockzustand

Jean-Marc Hensch

Swico-Direktor Jean-Marc Hensch. (Foto: Swico)

Zürich – Die zuletzt optimistischen Ausblicke und die demonstrative Zuversicht der ICT-Branche hielt der Aufhebung des Euro-Mindestkurses nicht stand: Der Swico ICT Index ist dramatisch gefallen, um 15.4 auf noch 98.3 Punkte. Bis auf das Segment Consulting erwartet kein Segment eine positive Entwicklung für das 2. Quartal 2015. Während Software und IT-Services zumindest ein unrentableres Wachstum erwarten, gehen die Unternehmen der Segmente IT-Technology, Consumer Electronics und Imaging/Printing/Finishing sogar von regelrechten Zerfallserscheinungen aus. In allen drei Segmenten fällt der Indexwert auf unter 90 Punkte. Der Einfluss der Freigabe des Wechselkurses scheint für die Schweizer ICT-Branche gravierend. So wird der starke Schweizer Franken in sämtlichen Segmenten als grösste Herausforderung benannt.

Der Swico ICT Index lag seit seiner Einführung nie so tief wie für das 2. Quartal 2015. Die zuletzt leicht positive Stimmung in der Branche hat sich nach dem Entscheid der Schweizer Nationalbank zur Aufhebung des Euro-Mindestwechselkurses markant verschlechtert. So blicken bis auf die Consultingunternehmen alle Segmente äusserst pessimistisch in das kommende Quartal. Es werden nicht nur massive Rückgänge in der Business Performance erwartet, sondern auch hinsichtlich Auftragslage und Investitionstätigkeit. Weniger optimistisch als noch im letzten Quartal sind die IT-Service-Unternehmen gestimmt. Nach der in den letzten Quartalen leicht positiven Entwicklung fällt ihr Indexwert um mehr als 16 Punkte auf 98.7 Punkte. Immerhin bleiben die Erwartungen an die Umsatzentwicklung positiv. Zudem rechnen die Dienstleister mit einem gleichbleibenden Auftragsbestand, jedoch bei leicht sinkender Bruttomarge. Ein unrentableres Wachstum erwartet auch das Segment Software. Der Indexwert fällt von 114.6 Punkte unter die 100 Punkte Marke auf 97.4 Punkte und kann die zuletzt positiven Erwartungen nicht bestätigen. Besonders negativ blicken die Softwareunternehmen auf die Preisentwicklung sowie die sinkenden Investitionen.

IT-Technology: Sinkflug hat sich akzentuiert
Die Stimmung im Segment IT-Technology war ebenfalls noch nie schlechter. Der Anfang 2014 begonnene Sinkflug hat sich stark akzentuiert und lässt eine Phase der Degeneration erwarten. Der Index hat um beinahe 20 Punkte nachgegeben und den Wachstumsbereich klar verlassen. Das Segment erwartet überall, ausser bei der Beschäftigung, negative Entwicklungen und geht von einem Anstieg der Betriebskosten aus. Der immer noch als aktuell beschriebene Fachkräftemangel rückt dabei in den Hintergrund. Die seit 2014 immer wieder sinkenden Erwartungen im Segment IT-Technology setzen sich konsequent fort, wie auch im Segment Imaging/Printing/Finishing. Nachdem dessen Indexwert bereits im letzten Quartal deutlich gefallen war, sind die Prognosen für das 2. Quartal 2015 nochmals gesunken und zwar um mehr als 10 Punkte auf 87.2 Punkte. Das Segment hat sich damit vom Ende 2014 erreichten Wert von über 100 Punkten deutlich entfernt. Vor allem die erwarteten Rückgänge beim Preis und bei der Bruttomarge trüben die Aussichten.

Massiv schlechtere Aussichten im Segment Consumer Electronics
Die Aussichten für die Consumer-Electronics-Branche haben sich für das 2. Quartal 2015 dramatisch verschlechtert. Das Segment scheint vom starken Schweizer Franken besonders hart betroffen zu sein und erreicht einen Indexwert, der den bisherigen Tiefpunkt im 4. Quartal 2011 noch unterschreitet. Mit einem Rückgang auf 71.6 Punkten wird der seit Ende 2014 bestehende Negativtrend fortgesetzt und gewinnt zudem deutlich an Dynamik. Besonders gravierend sind die Einschätzungen der Branche bezüglich Business Performance, Auftragslage, Preisentwicklung und Investitionstätigkeit. Hier werden bei jedem Indikator starke Rückgänge antizipiert, teilweise im zweistelligen Prozentbereich, was für eine massive Degenration dieses Segmentes spricht.

Die Consultingbranche als Lichtblick am Horizont
Als einziges Segment blicken die Consultingunternehmen noch positiv in das 2. Quartal 2015. Der Indexwert ist zwar um mehr als 7 Punkte gefallen, bleibt mit 105.1 Punkten aber über der 100-Punkte-Marke. Erwartet werden Steigerungen beim Umsatz und beim Auftragseingang sowie eine marginal positive Entwicklung der Bruttomarge. In den Bereichen Business Performance und Auftragsbestand verzeichnet das Segment Consulting die mit Abstand höchsten Erwartungswerte der Branche. Der aktuelle Wechselkurs ist neben dem Fehlen von Fachkräften aber auch hier die grösste Herausforderung. Beachtenswert ist, dass die teilweise stark negativen Prognosen der ICT-Branche nicht auf den Einschätzungen einzelner Pessimisten gründet, sie sind über alle Antworten innerhalb der befragten Segmente gleichmässig verteilt.

Gleichwohl warnt Swico-Präsident Andreas Knöpfli davor, aufgrund dieser Zahlen in Schockstarre zu verfallen: „Auch für Unternehmen in stark rückläufigen Bereichen gilt es nun, sich im Alltagsgeschäft nicht allzu stark von den Prognosen beeindrucken zu lassen, mit offenen Augen ins neue Quartal zu starten und neue geschäftliche Opportunitäten wahrzunehmen. Je mehr Zeit seit diesem schicksalhaften 15. Januar verstreicht, desto mehr hören wir bei Swico auch positive oder zumindest positivere Rückmeldungen. Letztlich, davon bin ich überzeugt, werden die meisten Firmen gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.“ (Swico/mc/ps)

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