Zürich – Die Swiss hat im wichtigen Sommerferienquartal die Reiselust ihrer Kunden genutzt und wieder einen dreistelligen Millionengewinn geschrieben. Damit ist die Airline endgültig auf Kurs, das Jahr profitabel abzuschliessen. Doch das Vorkrisenlevel lässt sowohl in Bezug auf die Zahl der Passagiere als auch finanziell noch auf sich warten.
Von Juli bis September steigerte die Swiss ihren Umsatz um 88,2 Prozent auf 1,33 Milliarden Franken, wie sie am Donnerstag mitteilte. Man habe im reiseintensivsten Quartal – in das die Sommerferien fallen – an die positive Geschäftsentwicklung der Vormonate anknüpfen können, heisst es.
Der operative Gewinn im Quartal belief sich auf 220,5 Millionen Franken. Damit lag er schon wieder recht nah am Niveau von vor der Krise: Im dritten Quartal 2019, also noch vor dem Ausbruch der Coronapandemie, hatte sie einen Betriebsgewinn von 244 Millionen Franken erzielt.
Knappes Angebot bei hoher Nachfrage treibt Preise
Zu dem guten Quartalsergebnis hätten «nahezu einzigartige Marktvoraussetzungen» beigetragen, schrieb die Airline. «Im Sommer gab es branchenweit ein knappes Angebot und dazu gleichzeitig eine hohe Nachfrage», erklärte Finanzchef Markus Binkert gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. Denn viele Menschen hätten nach der pandemiebedingten Pause nun wieder in die Sommerferien fliegen wollen. Aber auch das lukrative Business mit den Geschäftsleuten habe wieder angezogen.
Gleichzeitig boten die Airlines in Europa aber erst etwa 70 Prozent ihrer Vorkrisenkapazität an – so auch die Swiss. Und wenn die Nachfrage gross ist, aber das Angebot knapp, steigen bekanntlich die Preise. Somit konnte die Swiss nicht nur ihre Flüge gut auslasten – die Sitzauslastung stieg im dritten Quartal um 23 Prozentpunkte auf fast 90 Prozent -, sondern auch stolze Preise verlangen.
«Uns ist es aber auch zugutegekommen, dass wir über den ganzen Sommer eine hohe Flugplanstabilität erreicht haben», sagte Binkert. Die sogenannte «Flugplan-Durchführungsrate» (Schedule Completion Rate), also der Prozentsatz der Flüge, die wie geplant durchgeführt und nicht unerwarteterweise kurzfristig gestrichen wurden, habe bei 99 Prozent gelegen. Somit konnten fast alle Passagiere ihre Reise antreten, wenn auch manchmal mit Verspätung.
Doch es seien nicht nur die Passagiere gewesen, die zum starken Ergebnis beigetragen hätten. «Auch das Cargo-Geschäft, das uns schon während der gesamten Krise getragen hat, war nach wie vor sehr stark.» Der Transport von Luftfracht war weiterhin deutlich rentabler als vor der Pandemie.
Vorkrisenniveau noch nicht in Sicht
Über die gesamte Neunmonatsperiode gerechnet lag der Umsatz der Swiss laut dem Communiqué bei 3,18 Milliarden Franken und der Betriebsgewinn bei 287,5 Millionen Franken. Auch für das letzte Quartal gibt sich die Airline nun zuversichtlich, einen «soliden» Gewinn erwirtschaften zu können. Was das in Zahlen ausgedrückt bedeutet, führte der Finanzchef nicht genauer aus.
Trotz aktuell vorherrschender wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheiten verzeichne die Swiss aktuell eine sehr gute Buchungslage, heisst es im Communiqué weiter. Wenn es nun keinen unerwarteten Einbruch mehr gibt, dürfte die Airline somit auf dem besten Weg sein, einen dreistelligen Millionengewinn für das Jahr 2022 einzustreichen.
Auch für das nächste Jahr wagte Binkert noch keine Prognose. Die Airline sei bezüglich Kapazität auch 2023 noch nicht auf Vorkrisenniveau, sondern bei rund 80 Prozent. «Mit Blick nach vorn gibt es eine ganze Reihe an Unsicherheiten, wie etwa die Entwicklung des Ölpreises, der geopolitischen und wirtschaftlichen Lage sowie der Pandemie.» Vor diesem Hintergrund sei es noch zu früh, eine Aussage zur Geschäftsentwicklung im nächsten Jahr zu machen.
Gemischte Gefühle über abgewendeten Pilotenstreik
Ein Unsicherheitsfaktor immerhin ist bei der Swiss inzwischen vom Tisch: Nachdem sich die Chefs der Airline und die Spitze der Pilotengewerkschaft vergangene Woche zu Gesprächen getroffen haben, droht der Swiss nun kein Piloten-Streik mehr. Binkert gab sich im Gespräch mit AWP diplomatisch: «Wir sind alle sehr zufrieden, dass wir miteinander eine Lösung gefunden haben. Es waren jedoch harte Verhandlungen und als CFO hätte ich mir in mancher Hinsicht ein anderes Resultat gewünscht», sagte er. Aber es sei wichtig, dass ein Kompromiss gefunden wurde.
Die gute finanzielle Lage, die man im dritten Quartal erreicht habe, erlaube es der Swiss aber auch, gute Gesamtarbeitsverträge herauszugeben. So habe man sich auch mit den Sozialpartnern des Bodenpersonals auf eine umfalssende Lohnrunde geeinigt. Zudem stünden im November die Verhandlungen mit dem Kabinenpersonal auf dem Plan.
Was der «Kompromiss» von 2,3 Prozent Lohnerhöhung und 2 Prozent Inflationsausgleich, wie man mit den Piloten ausgemacht hat, für die Kosten der Swiss bedeutet, führte Binkert nicht näher aus. Er fügte jedoch an, dass nicht nur diese Lohnerhöhungen, sondern auch die weiteren beschlossenen Punkte im GAV zu Mehrkosten führten, etwa die erhöhte Flexibilität des Dienstplanes, die einen höheren Personalbedarf erfordere. (awp/mc/ps)