Swisscom schickt selbstfahrendes Auto auf Schweizer Strassen
(Foto: Swisscom)
Bern – Die Swisscom zeigt das erste selbstfahrende Auto auf Schweizer Strassen. Dabei handelt es sich um einen VW Passat, den das deutsche Autonomos Labs mit Sensoren, Computern und Software ausgerüstet hat. Das Auto wird zwei Wochen durch Zürich kurven.
Der Computer fährt und bremst das Fahrzeug autonom, wie die Swisscom am Dienstag vor den Medien in Zürich bekannt gab. Spezielle Software analysiert die Daten, erkennt Fahrsituationen und gibt Fahrbefehle. Das Auto ist bis zum Dach voller Elektronik. Es brauche Umfeldsensoren wie Radare, Laserscanner und Kameras, um die Umgebung wahrzunehmen, sagte Autonomos-Chef Tinosch Ganjineh. Laserscanner würden die Abstände zu umliegenden Objekten mit einer Reichweite von 160 Metern messen.
Radare würden die Geschwindigkeiten exakt erfassen. Die Kameras seien dazu da, die Spur zu halten, wie es bei vielen Assistenzsystemen heute schon eingesetzt werde. Ausserdem werden mit Kameras die Anzeigen von Lichtsignalen erkannt.
Karten zu ungenau
«Damit das Auto überhaupt weiss, wo es sich befindet, setzen wir auf einen hochpräzisen GPS-Empfänger, der zusätzlich mit Korrekturdaten gefüttert wird, sagte Ganjineh. Damit könne durch die Anbindung an die Cloud die Genauigkeit von circa 1 Meter auf wenige Zentimeter reduziert werden. Das Problem sei allerdings das vorhandene Kartenmaterial. Selbst die besten derzeit erhältlichen digitalen Karten seien zu ungenau und würden für das selbstfahrende Auto nicht genügen. Hier habe die Swisscom einiges an Nachbearbeitung leisten müssen, um die Karten zu verbessern.
Autonomes Fahren in der Innenstadt erst in 10 bis 15 Jahren
«Wir haben noch kein serienfertiges Fahrzeug», sagte Ganjineh: «Deshalb ist es absolut nötig, dass wir mit einem Sicherheitsfahrer und einem Co-Pilot fahren, die den Computer beim Fahren überstimmen können. Bis es soweit sei, dass man sich blind auf so ein Auto verlassen könne, müsse noch eine Menge getan werden. Die Einführung solcher Autos dürfte Schritt für Schritt erfolgen, sagte Ganjineh: «Einen Autopilot auf Autobahnen werden wir vielleicht in 3 bis 5 Jahren sehen.»
(Foto: Swisscom)
Aber bis es soweit sei, dass solche Fahrzeuge komplett autonom ohne Sicherheitsfahrer im komplexen Umgebungen wie dem Innenstadtverkehr fahren würden, dürfte es noch 10 bis 15 Jahre dauern. Das hänge davon ab, wie die Anbindung an die Datenwolke im Internet (sog. Cloud) wachse. Erst dann wird das Automobil seinem Namen gerecht: Nämlich auto (griechisch für selbst) und mobile (lateinisch für beweglich).
Wetter als Herausforderung
Unterschiedliche Wetterbedingungen würden zudem eine grosse Herausforderung darstellen. «Wir haben das Auto in Berlin in den letzten fünf Jahren in allen Jahreszeiten probiert.» Schnee und Eis seien eine Herausforderung für die Sensoren, die man deshalb beheize. Ein grosses Problem sei auch, wenn Fahrbahnmarkierungen nicht mehr sichtbar seien. Das Auto könne sich aber am Verkehrsschwarm orientieren. Dies hätten Tests in Mexiko-Stadt bewiesen.
In den fünf Jahren im Berliner Stadtverkehr habe es noch keinen Unfall mit dem Auto gegeben, sagte Ganjineh. Das Fahrzeug halte sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen, die auf der Karte verzeichnet seien. In Baustellen fahre es sehr vorsichtig.
Sehr vorsichtig – etwa so, wie wenn ein Fahrschüler am Steuer sitzen würde – bewegte sich das Auto auch auf der Testfahrt: Es hielt an der roten Ampel einen Abstand von 5 Metern zum Vordermann. Und an einem Fussgängerstreifen stoppte das Fahrzeug, obwohl weit und breit keine Person dastand. Grund: Es konnte den Verkehrsschildpfosten nicht von einem stehenden Menschen unterscheiden.
Swisscom will keine Autos bauen
Die Swisscom selber wolle nicht zum Autohersteller werden, sagte Konzernsprecher Carsten Roetz. «Uns geht es um die Digitalisierung und die Vernetzung der Gesellschaft allgemein, aber auch des Strassenverkehrs.» Die Digitalisierung werde zunehmen und die Fähigkeiten der Assistenzsysteme in Autos würden exponentiell wachsen.
Die Swisscom interessiere sich dafür, was es brauche, den Strassenverkehr zu digitalisieren. Also beispielsweise dafür, welche Daten das Auto brauche, welche Sensoren nötig seien und wie das Auto bei unterschiedlichen Wetterbedingungen reagiere.
Für ein Geschäftsmodell für die Swisscom sei es noch zu früh, sagte Swisscom-Grosskunden-Chef Christian Petit: «Solche Autos werden in der Masse erst in 10 Jahren kommen. Wir überlegen uns, solche Fahrzeuge in ein paar Jahren in unsere Flotte aufzunehmen.» Derzeit bestehe die Swisscom-Flotte aus über 3000 Autos.