Fehlendes EU-Stromabkommen: Swissgrid nimmt Politik in die Pflicht
Aarau – Das fehlende Stromabkommen mit der EU macht der Schweizer Stromnetzbetreiberin Swissgrid weiterhin Sorgen. Wegen des fehlenden Abkommens ist die Schweiz gemäss Swissgrid zunehmend vom europäischen Strommarkt ausgeschlossen. Die Politik sei gefordert.
Das fehlende Abkommen bleibe eine der «grössten Herausforderungen», sagte Swissgrid-CEO Yves Zumwald am Donnerstag in einer Online-Medienkonferenz in Aarau. «Das fehlende Abkommen hat Nachteile für uns.» Man habe jedoch technische Vorkehrungen getroffen, um mehr Zeit zu finden.
Auf technischer Ebene
So verstärkte Swissgrid nach eigenen Angaben ihr Engagement in europäischen Gremien. Zusammen mit der Eidgenössischen Regulierungsbehörde (ElCom) habe eine «Schweiz-Klausel» in den Grundlagenvertrag der Übertragungsnetzbetreiber eingebracht werden können, hiess es.
Man könne mit europäischen Übertragungsnetzbetreibern Verhandlungen aufnehmen, um künftig bei grenzüberschreitenden Koordinationsprozessen mitzuarbeiten. Die Klausel bringe jedoch einzig Vorteile für die Netzsicherheit. Die Schweiz stosse mit Lösungen auf der technischen Ebene an die Grenze ihrer Handlungsmöglichkeiten.
Ein Stromabkommen könnte diese Fragen klären, wie Zumwald festhielt. Swissgrid sei auf «grösstmögliche Unterstützung» der Politik angewiesen. Swissgrid habe ihren Beitrag geleistet, jetzt sei die Politik gefordert. «Die Politik muss eine Vision haben für den Markt in der Schweiz.»
Auf Pandemie vorbereitet
Als Betreiberin einer kritischen Infrastruktur ist sich die Stromnetzbetreiberin gemäss eigenen Angaben ihrer bedeutenden Rolle als Rückgrat der Stromversorgung bewusst. Die Pandemiepläne seien schon im Januar ausgearbeitet gewesen, hielt Zumwald fest. Diese Vorarbeiten hätten sich ausbezahlt. Die Netzsicherheit sei gewährleistet. 90 Prozent der Mitarbeitenden seien mittlerweile im Homeoffice.
Der neue Swissgrid-Hauptsitz in der Nähe des Bahnhofs Aarau ist ein hochtechnologisches, erdbebensicheres Gebäude mit strengen Sicherheitsstandards. Herzstück des vierstöckigen Komplexes mit Innenhof ist die Netzleitstelle. In einem gesicherten, modernen Kontrollraum mit grossen Bildschirmen wird das Schweizer Höchstspannungsnetz gesteuert – rund um die Uhr.
Weniger Gewinn
Swissgrid erzielte im vergangenen Jahr einen Gewinn von 28,8 Millionen Franken. Das ist deutlich weniger als die 65,6 Millionen Franken im Jahr 2018.
Das Unternehmen erklärt den Rückgang mit einmaligen Sondereffekten. Mit rund 34 Millionen Franken schlug die Systemprüfung zu Buche, welche die ElCom angeordnet hatte. Für 2020 wurde ein Ergebnis auf dem Niveau ohne Sondereffekte erwartet.
Das Verfahren war im Dezember 2019 abgeschlossen worden. Ab 2013 wurde das Übertragungsnetz der Schweiz schrittweise ins Eigentum von Swissgrid überführt worden. Das Verwaltungsverfahren für die Systemprüfung hatte die ElCom 2016 eröffnet. Von der einmaligen Belastung der Jahresrechnung war vorab ausgegangen worden. (awp/mc/ps)