Tamedia baut rund 10 Prozent der Belegschaft in der Westschweiz ab
Lausanne – Tamedia streicht bis zu 28 von 250 Stellen in der Westschweiz. Der Zürcher Medienkonzern begründet die Restrukturierung mit der schwachen Umsatzentwicklung. Auch in der Deutschschweiz plant Tamedia einen Stellenabbau – allerdings in kleinerem Umfang. Die Mitarbeitenden sollen am Donnerstag über die geplanten Massnahmen informiert werden.
Ziel der Reorganisation sei die Einsparung von 3,5 Millionen Franken in der Romandie, sagten Tamedia-Chefin Westschweiz, Christine Gabella, und Tamedia-Geschäftsführer Andreas Schaffner am Mittwoch vor den Medien. Die Massnahmen seien notwendig geworden, nachdem Tamedia in den vergangenen Jahren besonders in der Romandie kontinuierlich Umsatzeinbussen habe hinnehmen müssen.
Von der Restrukturierung betroffen sind Mitarbeitende aller Titel und Funktionen. Tamedia gibt in der Romandie insbesondere die Zeitungen «24 heures», «Tribune de Genève», «Le Matin Dimanche» und das Wirtschaftsmagazin «Bilan» heraus und betreibt die entsprechenden Onlineportale.
Schlechter Werbemarkt
Das Geschäftsmodell sei aufgrund der digitalen Entwicklung unter Druck geraten, erklärte Gabella. In der französischsprachigen Schweiz sei die Medienbranche traditionell finanziell stärker von Inseraten abhängig als im deutschsprachigen Landesteil, sagte Schaffner. Zudem habe sich der Werbemarkt in der Romandie schneller verschlechtert.
Deshalb wirke sich der Umsatzrückgang in der Westschweiz auch stärker aus. «Wenn wir nicht reagieren, werden sich unsere Ergebnisse noch weiter verschlechtern», erklärte Schaffner.
Die Sparmassnahmen gehen einher mit einer Reorganisation der Redaktionen. So will Tamedia Romandie unter anderem die gemeinsame Redaktion T abschaffen, Prozesse vereinfachen, Marken stärken und die Nähe zum Leser erhöhen, wie Gabella erklärte. «Wir müssen mit weniger Leuten funktionieren», fuhr sie fort.
28 Stellen ist das Maximum
Die Belegschaft sei am Mittwochmorgen über die Restrukturierung informiert worden, sagte Gabella. Ein Konsultationsverfahren sei eingeleitet. Das könne dazu führen, dass am Ende auch weniger als 28 Stellen gestrichen würden. 28 Stellen seien das Worst-Case-Szenario.
Wie viele Mitarbeitende schliesslich ihren Job verlieren, war am Mittwoch unklar. Der Verlag werde versuchen, die Auswirkungen mit der natürlichen Fluktuation, Frühpensionierungen und Pensenreduktionen abzufedern, hiess es.
Auch in der Deutschschweiz wird es zu einem Stellenabbau kommen. Dessen Umfang war unbekannt. Er werde aber geringer ausfallen in der Romandie, sagte Schaffner. Die Mitarbeitenden und die Medien in der Deutschschweiz sollen am Donnerstag über den Abbau informiert werden.
Empörte Mitarbeitende
Die Redaktionen von «24 heures», «Tribune de Genève», «Le Matin dimanche», Tamedia (Rubriken Schweiz, Welt, Wirtschaft), die Mitarbeitenden von Fotografie, Verlag und Layout, das Digitalteam sowie der Berufsverband Impressum und die Mediengewerkschaft Syndicom verurteilten den geplanten Stellenabbau scharf.
3,5 Millionen Franken würden allein auf dem Buckel des Personals gespart. Das Personal der Redaktionen habe die Nase voll von einer Geschäftsleitung, die nicht mehr in ihre Medien investiere und diese auf Kosten von Abonnenten und Gesellschaft langsam sterben lasse, heisst es in einer Medienmitteilung von Impressum. Seit der Übernahme von Edipresse durch Tamedia im Jahr 2011 sei ein Stellabbau auf den andern gefolgt.
«Profitlogik»
Es sei dringend notwendig, dass die Geschäftsleitung der TX Group zur Vernunft komme und ihre Zerstörung der Westschweizer Zeitungen stoppe, forderte Syndicom. Der grösste Schweizer Verlag verzichte offiziell darauf, seinen Redaktionen die Möglichkeit zu geben, ihre für die Demokratie wichtige Arbeit ordnungsgemäss zu erledigen.
Er verzichte auch auf seine soziale Verantwortung, indem er Arbeitsplätze in einem bereits angeschlagenen Sektor verschwinden lasse. Dies sei grösstenteils auf Entscheidungen zurückzuführen, die seit Jahren ausschliesslich auf einer Profitlogik basierten, kritisierte die Gewerkschaft.
Der Zürcher Medienkonzern hat in den vergangenen Jahren wiederholt Stellen in der Westschweiz gestrichen. Die einschneidendste Massnahme war zuletzt die Einstellung der gedruckten Ausgabe der Traditionszeitung «Le Matin» im Jahre 2018. Über 40 Mitarbeitende wurden damals entlassen. (awp/mc/pg)