Zürich – Tamedia übernimmt die «Basler Zeitung» (BaZ) von Christoph Blocher, der im BaZ-Alleingang keine Zukunft mehr sah. Im Gegenzug erhält er unter anderem das «Tagblatt der Stadt Zürich» und zwei Blätter in der Romandie.
Mit dem Deal erreicht Tamedia das alte Ziel, in Basel Fuss zu fassen. Was das für die BaZ und ihr Personal bedeutet, nachdem Tamedia gerade gemeinsame Mantelredaktionen für seine anderen Blätter gebildet hatte, wollte Tamedia-Verwaltungsratspräsident Pietro Supino am Montag vor den Medien in Basel nicht sagen: Man werde nun die «Strukturen nochmals überdenken».
Die Ausgangslage in der Medienbranche sei sehr schwierig, und mit vereinten Kräften habe man bessere Chancen. Das Zusammengehen stärke Qualität und Unabhängigkeit, sagte Supino weiter. Lokale Verankerung bleibe aber «Kern» der BaZ – und Qualität sei gegenüber der Vielfalt zu priorisieren, wenn die Ressourcen knapp sind.
Supino sprach von «grossartigen Chancen» der Digitalisierung der Medienlandschaft, die es zu nutzen gelte. Serge Reymond, Leiter der Bezahlmedien bei Tamedia, stellte für Journalisten bessere Werkzeuge für schnellere und bessere Recherchen in Aussicht. Man müsse aber schneller sein als die Konkurrenten – nicht Verlage, sondern IT-Giganten.
BAZ rentabel
Blocher seinerseits wehrte sich gegen die Lesart, der BaZ-Verkauf an Tamedia sei ein Eingeständnis seines Scheiterns in Basel mit einem harten Rechtskurs, der zu einem Abo-Schwund beigetragen habe. Die Leserzahlen würden sinken, sähen aber nicht schlechter aus als bei anderen Schweizer Zeitungen. Und nach tiefroten Zahlen bei seinem Einstieg 2012 seien aktuell 36,5 Millionen Franken Umsatz und 5 Millionen Gewinn budgetiert.
Alleine jedoch sei die BaZ mittelfristig chancenlos, sagte Blocher. Alle Ressorts selber abzudecken werde zu teuer. Der Leserschwund werde im Print weiter gehen. Nach breiten Gesprächen sei der Tamedia-Deal «die beste Lösung». Mit Tamedia kooperiert die BaZ schon online, bei Inseraten und mit dem «Magazin»; Tamedia druckt die BaZ auch.
Hätte Blocher die BaZ an die AZ-Gruppe verkauft, die in Basel mit den Schwesterblättern «bz Basel» und «Basellandschaftliche Zeitung» samt AZ-Mantel aktiv ist, hätte es «ein Pressemonopol» gegeben. Die kleine Basler «TagesWoche» tat er als Gratisblatt ab, das ohne Mäzenen-Manna wohl bald verschwinden werde.
Blochers Fokus lokal
Die gegen die BaZ eingetauschten Blätter passten zusammen mit den 24 der Zehnder AG abgekauften Lokal-Wochenblättern in die Strategie seiner Zeitungshaus AG, «auf das Lokale, das Dorf» zu fokussieren, sagte Blocher. Mit vielen kleinen Inserenten seien diese breiter abgestützt als die BaZ mit ihrem Inserate-«Klumpenrisiko» – womit er auf Grossverteiler-Seiten anspielte.
Vom «Tagblatt der Stadt Zürich» bekommt er von Tamedia deren 65-Prozent-Anteil; die übrigen 35 Prozent der Lokalinfo AG Zürich übernimmt er auch. Nach einem Kurswechsel gefragt, stritt Blocher solche Pläne ab. Das Tagblatt sei aber privat, und die Stadt Zürich bezahle nur für die Verbreitung von Informationen. Dieser Vertrag laufe bis 2022, danach gehe die Stadt damit wohl ganz ins Internet.
Neben dem Tagblatt reicht Tamedia seine beiden Gratiszeitungen «Furttaler und «Rümlanger» an Blocher weiter. Und in der Romandie gehen die beiden grössten Lokalanzeiger der Westschweiz, «Lausanne Cités» und «GHI, Genf», an seine Zeitungshaus AG, jeweils zu vorerst 50 Prozent. Diese wird so nach eigenen Angaben insgesamt über 1,3 Millionen Gratiszeitungs-Exemplare herausgeben.
Somedia abgehängt
Auf seine Pläne in der Romandie angesprochen, redete Blocher das politische Potenzial klein: Mit zwei Lokalblättern werde er nicht die Westschweiz dirigieren können. Direkten Einfluss auf die Redaktionen wolle er wie bisher bei der BaZ nicht nehmen. Er werde schon «gute Leute» anstellen – «sicher keinen linken Revoluzzer».
Verliererin des Verkaufs der BaZ an Tamedia ist das Ostschweizer Medienunternehmen Somedia von alt Verlegerverbandspräsident Hanspeter Lebrument, das die Tageszeitungen «Südostschweiz» und «Bündner Tagblatt» herausgibt. Seit einem Jahr übernimmt Somedia in Chur Korrektur und Layout für die BaZ; eine angedachte Mantel-Kooperation ist damit vom Tisch.
Der Tamedia-BaZ-Deal braucht noch den Segen der Wettbewerbskommission. Einem früher kolportierten Projekt einer nationalen Gratis-Sonntagszeitung erteilte Blocher nun übrigens eine Absage.
Konzentration
Die 1977 durch die Fusion der linksliberalen «National-Zeitung» mit den bürgerlich-konservativen «Basler Nachrichten» entstandene BaZ hat heute noch 99’000 Leserinnen und Leser (Mach-Studie), bei einer Auflage von 46’353 Exemplaren (WEMF, mit Replica). Das wöchentlich erscheinende «Tagblatt der Stadt Zürich» liegt bei 126’594 Exemplaren; als Amtsblatt der Stadt wird es in die meisten Haushalte verteilt.
Tamedia betreibt seit Anfang 2018 zwei überregionale Redaktionen, die den Mantel für zahlreiche Tageszeitungen liefern. Von Zürich aus werden Deutschschweizer Titel wie der «Tages-Anzeiger», der Berner «Bund» oder die «Berner Zeitung BZ» bedient – und bald auch die «BaZ». In Lausanne entsteht der Mantel für «Tribune de Genève», «24 heures» und «Le Matin». (awp/mc/ps)