Christoph Tonini, CEO Tamedia. (Bild: Tamedia)
Zürich – Der Medienkonzern Tamedia will die Publigroupe, oder das was nach dem Verkauf der Werbevermarkterin Publicitas von Anfang April von der Gruppe noch übrig geblieben ist, übernehmen. Dabei hat es Tamedia vor allem auf das Verzeichnis local.ch abgesehen. Die Publigroupe wurde vom Angebot überrascht. Das Verlagshaus bietet laut einer Voranmeldung 150 CHF je Publigroupe-Aktie. Damit beläuft sich der daraus errechnete Wert der Transaktion auf rund 350 Mio CHF. Allerdings hält Tamedia selber bereits einen Anteil von 7,22% an der Publigroupe.
Der Angebotspreis entspreche einer Prämie von 22% gegenüber dem volumengewichteten Durchschnittskurs der Publigroupe-Aktie in den letzten 60 Börsentagen vor dem Datum der Voranmeldung, schreibt Tamedia weiter. Am Donnerstagabend schlossen die Papiere der Publigroupe auf 126,60 CHF.
Publigroupe überrascht
Das Tamedia-Angebot ist ohne Absprache mit Publigroupe lanciert worden. Man habe zwar im Vorfeld dazu konstruktive Gespräche geführt, den Entscheid für das Angebot sei aber bewusst ohne den Partner gefällt worden, erklärte Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer auf Anfrage von AWP.
Publigroupe gibt sich derweil überrascht: Mit Überraschung habe der Verwaltungsrat vom unverlangten öffentlichen Kaufangebot auf alle Aktien Kenntnis genommen, heisst es in der Stellungnahme dazu. Man werde zum gegebenen Zeitpunkt das Angebot sorgfältig prüfen und anschliessend dazu Stellung nehmen.
«Der Verwaltungsrat empfiehlt den Aktionären der Publigroupe, diese Stellungnahme abzuwarten», so die Publigroupe weiter. Es bestehe aufgrund des vorangemeldeten Angebots kein Handlungsbedarf für die Aktionäre.
local.ch im Fokus
Im Mittelpunkt der geplanten Übernahme steht die 50%-Beteiligung von Publigroupe an local.ch. Tamedia hält derweil 75% an der Verzeichnis- und Informationsplattform search.ch. Mit den beiden Plattformen will Tamedia die «Position im Schweizer Verzeichnismarkt weiter ausbauen und im wachsenden Online-Markt für kleine und mittlere Unternehmen noch attraktivere Angebote entwickeln». Gemeinsam erreichen die beiden Schweizer Plattformen local.ch und search.ch laut Tamedia 4,8 Mio Nutzer pro Monat. Man rechne jedoch nicht mit Auflagen der Wettbewerbskommission (Weko), so Zimmer weiter. In diesem Markt herrsche internationaler Wettbewerb, etwa von Seiten Google.
Während die Publigroupe die Hälfte an local.ch hält, sind die anderen Anteile im Besitze der Swisscom. Tamedia wäre an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der Swisscom interessiert, sagte der Tamedia-Sprecher.
Die Übernahme wird noch der Weko vorgelegt. Diese liess verlauten, dass es noch zu früh sei, um zu antizipieren, welche Auswirkungen eine Übernahme von Publigroupe durch Tamedia hätte. «Im Moment ist das nicht absehbar», sagte Patrik Ducrey, Sprecher der Wettbewerbskommission Weko gegenüber der sda mit Blick auf die Stellung, die Tamedia im Bereich der Verzeichnis- und Informationsplattformen einnehmen wird.
Suche nach Lösungen für die weiteren Publigroupe-Beteiligungen
Für die weiteren Beteiligungen von Publigroupe will Tamedia eine Weiterführung innerhalb der Mediengruppe oder den Verkauf an andere Eigentümer prüfen. Publigroupe hält an Zanox.de 47,5%, an der SNP Société Neuchâteloise de Presse 29%, an der FPH Freie Presse Holding 25% und an der Südostschweiz Presse und Print 20%. Tamedia sieht diese Investments nicht als strategische Beteiligungen und strebt keinen Einfluss auf die Gesellschaften an.
Man sei zu Gesprächen mit den jeweiligen Mehrheitseigentümern und bei einer angemessenen Bewertung zu einem Verkauf bereit, heisst es weiter. Die NZZ-Gruppe zeigt sich auf Anfrage der sda in einer ersten Reaktion offen für Gespräche mit Tamedia über die Zukunft der FPH Freie Presse. «Südostschweiz»-Verleger Hanspeter Lebrument sagte: «Wenn Tamedia die neue Eigentümerin wird, werden wir intern einige Überlegungen machen». Es gebe noch andere Lösungen als Verkauf oder Nicht-Verkauf.
Nach Publicitas-Verkauf das Übernahmeangebot
Bereits Anfang April hatte die Publigroupe mitgeteilt, ihr Kerngeschäft Publicitas an die deutsche Beteiligungsgesellschaft Aurelius zu verkaufen. Aurelius bezahlt einen niedrigen zweistelligen Millionen-Betrag für die defizitäre Publicitas. Nun streckt Tamedia nach den übriggebliebenen Teilen der Publigroupe die Hand aus.
Nach dem Verkauf der Publicitas/Media Sales rechnete die Publigroupe für 2014 noch mit einem Jahresumsatz von rund 150 Mio CHF und einem operativen Ergebnis von 20 Mio. Damals sind zudem rund 860 Stellen von den per Ende 2013 ausgewiesenen 1’565 Vollzeitstellen an Aurelius übergegangen. (awp/mc/pg)