Taskforce-Chefin Tanja Stadler ruft zu raschem Handeln auf
Bern – Taskforce-Chefin Tanja Stadler ruft bei der Bekämpfung der aktuellen Corona-Welle zu raschem Handeln auf. Wenn die Schweiz weitermache wie bisher, sei mit 30’000 weiteren Spitaleinweisungen zu rechnen.
Wenn die Schweiz verhindern wolle, dass sie in eine Notfallsituation hineinlaufe, müsse der aktuelle Trend gebremst werden. «Sei es durch Reduzierung der Kontakte oder einen nochmaligen raschen Schub bei den Impfungen», sagte die Präsidentin der wissenschaftlichen Covid-19-Taskforce des Bundes in einem Interview mit der «Sonntagszeitung».
Bei den Impfungen liege kurzfristig nicht sehr viel drin. In der nationalen Impfwoche seien etwa 25’000 Erstimpfungen verabreicht worden. Es sei immer schwieriger, jene noch zu gewinnen, die sich bislang nicht geimpft hätten. Der Winter werde auf jeden Fall schwierig. Es sei mit 30’000 Hospitalisierungen zu rechnen, «wenn wir wie bisher weiterfahren und keinen signifikanten Impffortschritt schaffen.»
Für die dritte Impfung bei der Gesamtbevölkerung habe die Schweiz aber noch etwas Zeit, sagte Stadler. Es mache Sinn, nach der zweiten Dosis sechs Monate zuzuwarten. In der Schweiz sei diese der breiten Bevölkerung ab Mitte Juni verabreicht worden. Ab Dezember sollte aber damit begonnen werden. Mit einem Booster könne der Schutz vor einer Ansteckung wieder auf 95 Prozent erhöht werden.
Entweder impfen oder starke Massnahmen
Wissenschaftlich sei es recht klar: Entweder muss noch rasch sehr viel geimpft werden oder es braucht starke Massnahmen, um die Zirkulation zu bremsen. Die Politik werde daher nicht darum herum kommen, sich in den nächsten Wochen ernsthaft Gedanken über ein neues Massnahmenpaket zu machen, damit die Spitäler nicht wieder überfüllt werden und nicht wieder mehr Leute an Corona sterben.
Nötig seien die bekannten Optionen: Masken, Hygieneregeln, Zertifikate, Boostern und Shutdowns. All das würde helfen. Sie hoffe, dass grossflächige Schliessungen verhindert werden können. Zunächst müssten alle anderen Mittel ausgereizt und kombiniert werden. So könnte etwa die Zertifikatspflicht noch ausgeweitet werden, etwa auf Arbeitsplätze. Eine Möglichkeit sei auch, die Maskenpflicht auch bei Anlässen mit Zertifikat einzuführen.
Bei der 2G-Regel, also beim Zutritt zu gewissen Bereichen des Lebens nur noch für Genesene und Geimpfte, sieht Stadler Vor- und Nachteile. Wenn weniger Menschen an Veranstaltungen teilnehmen habe das natürlich eine bremsende Wirkung. Die Treffen könnten sich aber dann vermehrt ins Private verlagern. Ansteckungen wären weiterhin möglich, wenn auch im kleineren Rahmen. Hinzu käme, dass weniger Tests durchgeführt würden. Dadurch würde der Überblick über den Verlauf der Pandemie verloren gehen.
Grosse Sorgen bereiten Stadler die Kindern, die noch keine Impfmöglichkeit hatten. Zudem würde «nicht wirklich viel» getan, um sie vor einer möglichen Ansteckung zu schützen. In den Schulen würden sie vielerorts kaum oder gar nicht geschützt. Es sei erstaunlich, dass noch nicht einmal die Zulassung bei Swissmedic eingereicht worden sei. Bis eine Impfung der Kinder verfügbar sei, seien regelmässige Tests, Lüften mit Unterstützung von CO2-Sensoren und Masken wirksame Werkzeuge, den Schulbetrieb sicherer zu machen. (awp/mc/ps)