Tessiner FDP-Führung schlägt Ignazio Cassis als Burkhalter-Nachfolger vor
Bellinzona – Die Tessiner FDP hat sich am Dienstag erstmals in die Karten schauen lassen: Nationalrat Ignazio Cassis soll ins Rennen um den frei werdenden Bundesratssitz von Didier Burkhalter gehen. Das offizielle Ticket wird aber erst am 1. August präsentiert.
Ein einziger Name – die Tessiner FDP will mit Ignazio Cassis eine siegreiche Kandidatur für den Bundesrat schmieden. Am Dienstag gab das Parteipräsidium in Camorino TI bekannt, den 56-jährigen Cassis ins Rennen um die Nachfolge von Bundesrat Didier Burkhalter schicken zu wollen. Er bringe die nötigen Qualitäten für das Bundesratsamt mit und habe die grössten Wahlchancen, so die FDP.
Alles auf eine Karte
Cassis besitze Glaubwürdigkeit, eine grosse Reputation und sei in Bundesbern gut vernetzt, sagte der Tessiner FDP-Präsident Bixio Caprara am Dienstag. Der ehemalige Tessiner Kantonsarzt Cassis ist seit 2007 Nationalrat und hat 2015 den FDP-Fraktionsvorsitz in Bern übernommen.
Eine einzige Kandidatur sei die beste Wahl, um das Rennen um den frei werdenden Bundesratssitz zu Gunsten der Tessiner FDP entscheiden zu können, sagte Caprara. Mehrere Kandidaten könnten auch als Zeichen der Schwäche interpretiert werden.
Einen Dank richtete er an Laura Sadis und Christian Vitta. Beide waren als potenzielle Kandidaten gehandelt worden, waren aber am Dienstag nicht anwesend. Sie hätten ihre Kandidaturen in Anbetracht der Überlegungen der Parteiführung nicht eingereicht, hiess es von der Tessiner FDP dazu.
Der Südkanton ist seit 1999 nicht mehr in der Landesregierung vertreten. In diesem Jahr trat der CVP-Bundesrat Flavio Cotti zurück.
«Bereit für Herausforderung»
Eine Bundesratskandidatur sei keine Entscheidung, die man auf die «leichte Schulter» nehme, sagte Cassis selbste vor den Medienvertretern. Es seien zwei Paar Schuhe, darüber in einem Interview nachzudenken und es letztendlich zu entscheiden.
Der 56-Jährige unterstrich, dass die italienischsprachige Schweiz in der Landesregierung vertreten sein müsse, wenn sich das ganze Land mit dem Bundesrat identifizieren solle. Seine Kandidatur stehe deshalb über seiner Person und sei stellvertretend für einen ganzen Landesteil.
Cassis betonte zugleich, dass er als Bundesrat das ganze Land vertreten und nicht bloss eine Art Sondergesandter für das Tessin sein würde.
Mit Italien auf Augenhöhe verhandeln
Der Tessiner Bundesratskandidat in spe stellte auch in Aussicht, dass mit ihm die Verhandlungen mit Italien verbessert werden können. Es sei nicht wünschenswert, mit dem wichtigen Partner Italien auf Englisch zu verhandeln, sagte Cassis.
Offene Baustellen seien zum Beispiel das Doppelbesteuerungsabkommen oder das Grenzgängerabkommen. Mit ihm in der Landesregierung gäbe es einen Vertreter, der die Kultur und Mentalität Italiens verstehe.
In Bezug auf das Verhältnis zu Europa sagte Cassis, dass er für den bilateralen Weg stehe, aber gegen einen EU-Beitritt sei. Ein Rahmenabkommen mit der EU sei dagegen ein möglicher Weg.
Zu seinem verschiedentlich kritisierten Engagement als Präsident des Krankenkassenverbands Curafutura meinte Cassis, dass dieses immer transparent gewesen sei. «Für mich ist Lobbyismus kein schlechtes Wort». Die Krankenkassen seien ein integraler Bestandteil des Schweizerischen Gesundheitssystems. Er engagiere sich dafür, dass der Bevölkerung weiterhin ein bezahlbares Gesundheitsangebot zur Verfügung stehe.
Sollte er als definitiver Kandidat für das Tessin nominiert werden, würde er sämtliche Mandate ruhen lassen, sagte Cassis auf Anfrage. Er wolle sich dann ganz und gar auf seine Kandidatur vorbereiten.
Letztes Wort am 1. August
Das offizielle Tessiner FDP-Ticket für die Bundesratswahl am 20. September wird erst am 1. August an einer ausserordentlichen Versammlung der Partei beschlossen. Dort soll zunächst darüber abgestimmt werden, ob das von der Parteiführung vorgeschlagene Einerticket überhaupt gewollt ist.
Alternativ könnten die Delegierten auch beschliessen, mehrere Kandidaten ins Rennen zu schicken. Der Tessiner Parteichef Caprara stellte aber bereits klar, dass Gespräche mit sämtlichen wichtigen Parteiexponenten geführt worden seien, um damit die Einerkandidatur abzusichern.
An der Veranstaltung der FDP am Nationalfeiertag soll gemäss Ankündigung auch der freisinnige Bundesrat Johann Schneider-Ammann teilnehmen. (awp/mc/upd/ps)