Travail.Suisse verlangt Lohnerhöhungen von 1%

Adrian Wüthrich

Travail.Suisse-Präsident Adrian Wüthrich. (Foto: Travail.Suisse)

Travail.Suisse-Präsident Adrian Wüthrich. (Foto: Travail.Suisse)

Bern – Der Arbeitnehmer-Dachverband Travail.Suisse hält für nächstes Jahr Lohnerhöhungen von rund 1% für angezeigt. Die Gewerkschaft Syna fordert je nach Branche Erhöhungen von rund 100 CHF pro Monat. Die Konsumenten sollen so mehr Geld in der Tasche haben.

Die derzeit stabile Lage der Wirtschaft sei nicht zuletzt dem Einsatz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verdanken, machten die Arbeitnehmerverbände am Dienstag in Bern vor den Medien geltend. Mehr Kaufkraft für die Angestellten sei nötig und auch aus volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoll.

Zwar spürten der Arbeitsmarkt und exportorientierte Branchen und der Tourismus den starken Franken noch, sagte Gabriel Fischer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travail.Suisse. Doch das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) sage für 2016 ein Wirtschaftswachstum von 1,4% voraus.

Politische Unsicherheiten
Die Unsicherheiten sind in Fischers Augen vor allem politischer Natur: Er nannte die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, den Brexit-Entscheid der Britinnen und Briten sowie die Unternehmenssteuerreform III.

Die Syna stellt ihre Forderungen nicht in Prozenten, sondern in Franken: «Wir unterstreichen damit, dass wir eine generelle Erhöhung wollen», sagte Präsident Arno Kerst. Im Auge hat er vor allem die tiefen Einkommen: «Der gleiche Betrag für alle unterstützt Angestellte, die nicht viel verdienen.»

Gefordert seien generelle Lohnerhöhungen an Stelle von Boni, sagte auch Fischer von Travail.Suisse: «Nur reguläre Erhöhungen garantieren eine nachhaltige Lohnentwicklungen und führen zu einem konsolidierten Rentenanspruch.»

Würden Erhöhungen in übermässigem Umfang individuell gewährt, fehle die Transparenz und es bestehe die Gefahr von Willkür und Missgunst. Ausserdem befürchtet Fischer, dass bei Neueinstellungen systematisch tiefe Löhne bezahlt und dann individuell angepasst werden könnten. Das Nachsehen hätten vor allem langjährige und ältere Angestellte.

Arbeitgeber dämpfen Erwartungen
Der Schweizerische Arbeitgeberverband dämpfte die Erwartungen der Gewerkschaften. Die Unternehmen hätten trotz positiver Signale wenig Spielraum für Lohnerhöhungen. Wegen wirtschaftspolitischer Unsicherheiten sei die Neigung der Firmen, zu investieren, gedämpft. Der Druck sei hoch, mit tieferen Kosten produktiver zu sein.

Die Arbeitgeber erinnern zudem an die tiefe Teuerung in den vergangenen Jahren. Obwohl die Löhne unterdurchschnittlich gestiegen seien, seien die Löhne real in erheblichem Ausmass gewachsen. Die Lohnverhandlungen in den Unternehmen müssten aber erst noch geführt und darum abgewartet werden.

Fokus auf Frauenlöhnen
Travail.Suisse pocht zudem auf gleiche Löhne für Frauen und Männer. In den Lohnverhandlungen im Herbst müsse «ein sozialpartnerschaftlicher Fokus» auf die Verbesserung von Frauenlöhnen gelegt werden, sagte Fischer dazu.

Eine Forderung stellt er ans Parlament: Die versprochenen Massnahmen gegen ungleiche Löhne müssten umgesetzt werden. Transparenz in den Unternehmen sei zwar richtig, doch es brauche für den Fall von Diskriminierungen zwingend auch «Massnahmen zur Korrektur oder Sanktionen».

Vorstösse bereiten Sorgen
Der Syna bereiten parlamentarische Vorstösse Sorgen, die die Ausserkraftsetzung der Arbeitszeiterfassung für «faktisch ganze Branchen oder Angestelltenkategorien» verlangen, wie Kerst ausführte. Es stelle sich die Frage, was eine Lohnerhöhung nütze, wenn zugleich die vereinbarte Arbeitszeit gegenstandslos werde.

In Lohnverhandlungen und Verhandlungen über Gesamtarbeitsverträge (GAV) will die Syna auch das Thema Vaterschaftsurlaub einbringen. Travail.Suisse, die Dachverbände der Männer- und Frauenorganisationen und Pro Familia Schweiz lancierten im Mai eine Volksinitiative für vier Wochen bezahlten Vaterschaftsurlaub. (awp/mc/pg)

Travail.Suisse

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