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Zürich – Bei der Reform der Altersvorsorge bleibt der Entwurf des Ständerats hinter dem des Bundesrats zurück. Die AHV-Finanzierungslücke würde lediglich auf etwa CHF 654 Mrd. oder 111 Prozent des BIP zurückgehen, statt auf etwa CHF 482 Mrd. oder 82 Prozent. Trotz der grossen Sanierungslast, die hauptsächlich die jungen und zukünftigen Generationen zu tragen haben, wären beide Reformvorschläge ein Schritt in die richtige Richtung. Das grösste Risiko für zukünftige Generationen liegt in einer Ablehnung beider Reformvorschläge.
Bei den Pensionskassen werden heute schon Milliardenbeträge von den Aktiven zu den Rentnern umverteilt, um die zu hohen Umwandlungssätze zu finanzieren. Bei der AHV reichen hingegen die Einnahmen noch knapp aus, um die Ausgaben zu decken. Der AHV-Ausgleichsfonds erwirtschaftet ausreichende Erträge, um das negative Umlageergebnis der AHV auszugleichen. Infolge des demografischen Wandels wird diese Situation jedoch nicht von Dauer sein. Schon in den kommenden Jahren wird ein Grossteil der heute noch in die AHV einzahlenden geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge – die sogenannten Baby- Boomer – auf die Empfängerseite wechseln und weniger junge Personen in die Einnahmenseite eintreten. So werden die Einnahmen der AHV zukünftig selbst unter Berücksichtigung der Erträge des AHV-Fonds nicht mehr ausreichen, um die Ausgaben zu decken. Das Missverhältnis der Einnahmen und Ausgaben stellt die AHV-Finanzierungslücke dar. Mit den Entwürfen des Bundes- und Ständerats liegen nun zwei Konzepte zur Reform Altersvorsorge 2020 auf dem Verhandlungstisch.
Beide Vorschläge ein Schritt in die richtige Richtung
Vor diesem Hintergrund haben das Forschungszentrum Generationenverträge der Universität Freiburg im Breisgau und die Ökonomen des UBS Chief Investment Office WM in enger Kooperation die langfristigen Perspektiven der Schweizer Altersvorsorgesysteme auf Basis der beiden Reformvorschläge analysiert. Sowohl der Entwurf des Bundesrates als auch das Konzept des Ständerats wären ein Schritt in die richtige Richtung. Jedoch ist keiner der beiden Entwürfe der grosse Befreiungsschlag. Denn sie sichern die Finanzierung der AHV nur wenige Jahre. Ausserdem zeichnet sich eine bedenkliche intergenerative Schieflage ab. „Es sind vor allem die Jüngeren, denen die Lasten zur Finanzierung der Reform aufgebürdet werden,“ betont Prof. Bernd Raffelhüschen, Leiter des Forschungszentrums Generationenverträge.
Entwurf des Bundesrates reduziert AHV-Finanzierungslücke stärker
Zwar haben beide Vorschläge bis zum Jahr 2030 sehr ähnliche Folgen für die AHV-Finanzen. Über einen längeren Zeithorizont betrachtet, beinhaltet der Entwurf des Bundesrates jedoch eine stärkere Reduktion der AHV-Finanzierungslücke auf etwa CHF 482 Mrd. oder 82 Prozent des BIP von etwa CHF 1020 Mrd. bzw. 173,4 Prozent bei der heutigen Gesetzeslage. Die Entlastung der AHV fällt bei Umsetzung des Konzepts des Ständerates um ein Drittel geringer aus. Die AHV-Finanzierungslücke stünde auf CHF 654 Mrd. oder 111,2 Prozent des BIP.
Ständerats-Entwurf erhöht zukünftigen Sanierungsbedarf
Für die heutigen Versicherten und Wähler mag das Reformkonzept des Ständerates erfreulicher erscheinen. Sie stellt eine „kleinere Reform“ dar, die die heute gefühlte Sanierungslast im Vergleich zum Entwurf des Bundesrats reduziert. Der zukünftige Sanierungsbedarf wird im Gegenzug erhöht. Insbesondere infolge des geplanten AHV-Rentenzuschlags von monatlich CHF 70, mit dem Einbussen durch die Absenkung des Leistungsniveaus in der zweiten Säule kompensiert werden sollen, werden die heutigen Erwerbstätigen im Vergleich zum Entwurf des Bundesrates weniger stark zur Kasse gebeten. Besonders bedenklich angesichts der starken Belastung der jungen und zukünftigen Generationen: Die rentennahen Jahrgänge werden im Vergleich zur heutigen Gesetzeslage durch das Konzept des Ständerates unter dem Strich sogar noch besser gestellt.
Abzuwarten bleibt nun, wie der Nationalrat die beiden Vorschläge zur Reform Altersvorsorge 2020 bewerten wird. Aus Sicht der jüngeren und zukünftigen Generationen wäre es wünschenswert, wenn der Nationalrat einen Vorstoss in Richtung einer gerechteren intergenerativen Verteilung der Finanzierungslasten der Reform Altersvorsorge anstreben würde. „Eine gerechtere Verteilung zwischen den Generationen wäre beispielsweise umsetzbar durch eine temporär geringere Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung,“ sagt Veronica Weisser, Ökonomin und Vorsorgeexpertin UBS Chief Investment Office WM. „Steuer- und Beitragssatzerhöhungen gehen hingegen primär zulasten der jungen und zukünftigen Generationen.“
Ausserdem könnten die zukünftigen Belastungen für die AHV-Finanzen infolge der zunehmenden Lebenserwartung fair zwischen den Generationen verteilt werden, indem das ordentliche Rentenalter entsprechend der Zunahme der Lebenserwartung angehoben wird. Es bleibt für die jungen und zukünftigen Generationen entscheidend, dass die Altersvorsorge reformiert wird. Für sie gewinnt die Selbstvorsorge weiter an Bedeutung. (UBS/mc)