Neuenburg – Die in den letzten Monaten steigende Formkurve der Uhrenbranche hat im September wieder stagniert. Einzig in Festlandchina griffen die Konsumenten wieder kräftig bei Schweizer Uhren zu. Doch die «zweite Welle» droht die Branche wieder zurückzuwerfen.
Im September wurden Zeitmesser «Made in Switzerland» im Wert von 1,60 Milliarden Franken ausgeführt, wie der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) am Dienstag mitteilte. Damit war die Entwicklung mit der des Vormonats identisch.
Davor hatte die Coronakrise die Uhrenbranche im Frühjahr mit voller Wucht erfasst. Die wegen der Pandemie verordneten Ladenschliessungen und Reisebeschränkungen hatten die Ausfuhren im April und Mai um 80 beziehungsweise 70 Prozent einbrechen lassen.
Im Juni zeigten sich dann erste Erholungszeichen, als der Rückgang «nur» noch gut ein Drittel betrug. Im Juli hellte sich die Situation mit einem Minus von 17 Prozent weiter auf.
Trotz Erholungstrend: Von dem im vergangenen Jahr erreichten Niveau bleibt die Branche noch weit entfernt. Von Januar bis September wurden Zeitmesser im Wert von 11,4 Milliarden Franken exportiert. Das ist ein Minus von 28,3 Prozent.
Chinesen kaufen im eigenen Land
Dass die Bilanz nicht noch schlechter ausfällt, verdanken die Schweizer Hersteller dem chinesischen Markt. Dorthin wurden im September Uhren im Wert von 289,7 Millionen Franken ausgeführt, satte 79 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit sind die Ausfuhren nach China den vierten Monat in Folge gestiegen.
Üblicherweise kaufen asiatische Touristen Schmuck, Uhren oder Designermode besonders gerne auf ihren Trips durch Europa, die USA oder im Shoppingmekka Hongkong. Nun tun sie das angesichts der Coronavirus-Pandemie vermehrt im eigenen Land.
Vor einem Jahr noch hatte Hongkong den Spitzenplatz unter den Exportdestinationen für Schweizer Uhren inne. Die Ausfuhren in die chinesische Sonderverwaltungszone verzeichneten nun im September mit minus 16 Prozent auf 165,7 Millionen erneut einen starken Rückgang.
Zuerst waren es die Demonstrationen und Ausschreitungen in Hongkong, welche immer weniger Touristen in die Shoppingmetropole reisen liessen. Vor allem kaufwillige Chinesen mieden die Stadt. Dazu kamen später Reisebeschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie.
Fehlende Touristen
Doch der starke Konsum der Chinesen in Festlandchina vermag den Ausfall der Touristen im übrigen Asien und in Europa nicht zu kompensieren. In den Strassen von Paris oder Rom fehlen kaufkräftige Touristen aus Asien, die Schmuck und teure Uhren kaufen.
Und es sieht nicht gerade danach auch, als ob diese bald wieder in Scharen zurückkehren werden. Im Gegenteil: Eine zweite Corona-Welle ist weiterhin möglich. Eine solche würde eine weitere Trendverbesserung in den kommenden Monaten wieder einbremsen, urteilt etwa ZKB-Analyst Patrik Schwendimann. (awp/mc/ps)