SRG-Trend: Atomausstiegsinitiative ist potenziell mehrheitsfähig

SRG-Trend: Atomausstiegsinitiative ist potenziell mehrheitsfähig
(Bild: Onidji)

Bern – Würde derzeit über die Atomausstiegsinitiative abgestimmt, gäbe es ein Ja. Gemäss der SRG-Trendumfrage sind 57 Prozent der Stimmenden bestimmt oder eher dafür. Politologen von gfs.bern bezeichnen die Initiative deshalb als «potenziell mehrheitsfähig».

Die Mehrheit der Teilnahmewilligen stehe «wenigstens zu Beginn des Abstimmungskampfes auf der Ja-Seite», begründet das Institut, das die Umfrage durchgeführt hat, seine Einschätzung.

Gemäss der am Freitag publizierten Studie sind nur 36 Prozent der zwischen dem 3. und 14. Oktober Befragten bestimmt gegen oder eher gegen fixe Laufzeiten für Atomkraftwerke. Mit diesem Ergebnis hat die Ja-Seite einen Vorsprung von 21 Prozentpunkten. Sieben Prozent der Befragten hatten sich noch nicht entschieden. Doch auch diese neigten mehrheitlich einem Ja zu, hiess es.

Alte AKW machen Angst
Die Atomkraft weckt Ängste. Dies haben die Reaktionen nach dem Super-GAU im japanischen AKW Fukushima 2011 ebenso gezeigt wie der über drei Jahrzehnte andauernde Kampf der Bevölkerung gegen ein mögliches Atommüll-Endlager im Wellenberg NW.

Solche Ängste widerspiegeln sich auch in der ersten SRG-Trendumfrage zur Abstimmung am 27. November. Bei Gegnern wie Befürwortern spielten derzeit «emotional aufgeladene Kampagnenbotschaften» eine tragende Rolle.

Die AKW-Gegner punkten dabei mit dem Alter der Atomkraftwerke: 62 Prozent der Teilnahmewilligen seien einverstanden, dass Schweizer Atomkraftwerke mit jedem zusätzlichen Jahr Betrieb noch älter und damit noch gefährlicher würden.

Das populärste Argument hat aber mit der Energiewende zu tun, dessen erster Teil, das Energiegesetz, im September vom Parlament verabschiedet worden war. Gegen dieses hat die SVP das Referendum ergriffen.

Gemäss Umfrage stimmen 76 Prozent der Befragten dem Argument zu, dass die Energiewende nur mit einem geordneten Ausstieg aus der Atomkraft Realität werde. 68 Prozent halten einen solchen für machbar, weil sich neue Technologien bewährt hätten.

Die Initiative verlangt eine maximale Laufzeit von 45 Jahren für Schweizer AKW. Das vom Parlament verabschiedete Gesetz nennt demgegenüber kein konkretes Ausstiegsdatum. AKW sollen so lange laufen dürfe, wie diese vom Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) als sicher erachtet werden.

Gegner fürchten Stromlücke
Auf der Seite der Initiativgegner dominiert die Angst vor der sogenannten Stromlücke. 54 Prozent rechnen gemäss SRG-Trendumfrage bei Abschalten der AKWs mit Engpässen in der Versorgung. Noch stärker in der Kritik stehen aber mögliche Stromimporte aus klimaschädlichen Kohle- und Gaskraftwerken, um den Wegfall des Atomstroms zu kompensieren: 67 Prozent der Teilnahmewilligen kritisieren dies.

Eine dritte Botschaft der Initiativgegner verunsichert die Befragten: Zur Frage, ob fixe Laufzeiten zu hohen Schadenersatzforderungen an den Bund führten, hatten 21 Prozent der Teilnahmewilligen keine Meinung. Vom Rest war die ein Hälfte einverstanden und die andere nicht.

CVP dagegen – FDP gespalten
In der Umfrage kristallisierte sich innerhalb der CVP-Wählerschaft ein Konflikt zwischen Basis und Parteielite heraus. 58 Prozent der CVP-Wählerinnen und Wähler wollten in der ersten Oktoberhälfte der Initiative zustimmen. Die Parteiführung hat aber bereits die Nein-Parole ausgegeben. Auch CVP-Energieministerin Doris Leuthard lehnt die Initiative ab.

Doch auch der Widerstand habe mit 35 Prozent innerhalb der CVP ein «relevantes Ausmass», schreiben die Meinungsforscher. Zudem habe sich erst knapp die Hälfte der befragten CVP-Wähler festgelegt.

Gespalten zeigt sich in der Umfrage die FDP-Basis: 46 Prozent stellten sich auf die Befürworterseite, 47 Prozent auf die Gegnerseite. Die Wähler den anderen Parteien befanden sich auf Linie: Wähler der Grünen (95 Prozent) und der SP (80) waren klar dafür, 56 Prozent der SVP-Anhänger waren dagegen.

Eingereicht worden war die Initiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie» von den Grünen und von weiteren Organisationen.

Für die Umfrage befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von gfs.bern am Telefon 1200 repräsentative ausgewählte stimmberechtigte Personen in allen Landesteilen. (awp/mc/upd/ps)

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