Bern – Die Urheber der Volksinitiative «Für eine Wirtschaft zum Nutzen aller» haben bis zum 1. Mai 2013 Zeit, die nötigen 100’000 Unterschriften zu sammeln. Die Frist wurde am Dienstag im Bundesblatt veröffentlicht. Die Initiative richtet sich gegen das Cassis-de-Dijon-Prinzip. Dieses besagt, dass Produkte, die in einem EU-Mitgliedstaat hergestellt wurden, in allen anderen Mitgliedstaaten ohne weitere Prüfung verkauft werden dürfen. Seit Juli 2010 können viele EU-Produkte auch in der Schweiz ohne weitere Prüfung verkauft werden.
Ein Komitee um den Genfer Winzer Willy Cretegny hatte erfolglos das Referendum dagegen ergriffen. Unterstützt wurde es sowohl von der Grünen Partei als auch von der SVP. Dennoch gelang es dem Komitee nicht, 50’000 Unterschriften zu sammeln. «Unsere Chancen sind dieses Mal besser», sagte Laurent Duvanel, Sprecher der Initianten, auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Die Initianten müssen zwar nun doppelt so viele Unterschriften sammeln; mit der Initiative haben sie aber viel mehr Zeit, um für ihr Anliegen zu werben. Ausserdem sei der Diskurs breiter geworden, finden die Initianten. Dabei spiele die Sorge um die Arbeitsplätze eine wichtige Rolle. Für die Gegner des Cassis-de-Dijon-Prinzips geht es nämlich nicht nur um Umweltschutz und soziale Verantwortung, sondern auch um eine Wirtschaftspolitik, die unter anderem auf die Vollbeschäftigung abzielt.
Schutz vor ausländischder Konkurrenz
Die Initianten wollen die Schweizer Landwirtschaft vor der ausländischen Konkurrenz schützen. Sie verlangen, dass sich Bund und Kantone für eine Wirtschaftsordnung einsetzen, die Rücksicht nimmt auf die Umwelt und auf die lokalen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen. Der Bund soll Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb und Dumping sowie zum Schutz der Inlandproduktion erlassen. Insbesondere soll der Bund den Markt über Zölle auf eingeführten Waren und Einfuhrkontingente regulieren. Er soll ferner vorschreiben, dass die eingeführten Waren Anforderungen im Sozial- und Umweltbereich genügen müssen, die den schweizerischen Standards entsprechen.
Weiter soll der Bund Massnahmen treffen zur Verhinderung von Missbräuchen in der Preisbildung und zur Bekämpfung schädlicher gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Auswirkungen des preisdrückenden Wettbewerbs. In der Bundesverfassung soll auch verankert werden, dass der Bund Massnahmen zum Schutz der inländischen Wirtschaft treffen kann.
Vorrang für lokale Produkte
Nach Ansicht der Initianten zerstört der gegenwärtig starke Wettbewerb die Vielfalt der Wirtschaft. Angesichts knapper Ressourcen sei es nicht angebracht, den Konsum durch Tiefstpreise weiter anzukurbeln. Zudem müssten lokale Produkte ihrer Ansicht nach auf dem Schweizer Markt Vorrang haben. Die Initianten wollen nun auch ausserhalb ihrer Branche um Unterstützung werben. Denn nicht nur Winzer und Landwirte würden unter dem Freihandel leiden, halten sie fest. Derzeit wird die Initiative von Genfer Winzervereinigungen unterstützt.
Die Initianten sind guter Dinge, die 100’000 Unterschriften zusammenzubekommen. «Das heisst aber noch nicht, dass die Initiative auch durchkommt», räumte Sprecher Duvanel ein. Das werde man dann in fünf Jahren sehen. (awp/mc/ps)