Nestlé liefert der US-Regierung 22 Tonnen Babymilchpulver

Nestlé liefert der US-Regierung 22 Tonnen Babymilchpulver

Vevey / Washington – Der weltgrösste Lebensmittelkonzern Nestlé liefert als erste ausländische Firma im Rahmen eines Notprogramms der US-Regierung Babymilchpulver in die USA. Mit einem gecharterten Zivilflugzeug fliegt die US-Regierung 22 Tonnen Säuglingsnahrung aus der Schweiz in die amerikanische Stadt Plainfield.

Insgesamt importieren die USA rund 22 Tonnen Babymilchpulver der drei Sorten Alfamino Infant, Alfamino Junior und Gerber Good Start Extensive HA von Nestlés Pharmasparte Nestlé Health Science (NHSc). Diese Menge reicht für etwa 1,5 Millionen Fläschchen à je 8 Unzen (knapp 240 Milliliter) Babymilch, wie es in einer Mitteilung der US-Regierung vom Donnerstag heisst.

Die Produkte, die die USA von Nestlé kaufen, sind speziell für Babys geeignet, die keine Kuhmilch vertragen. Sie hätten bei der Einfuhr Vorrang erhalten, weil sie «einem wichtigen medizinischen Zweck dienten und in den Vereinigten Staaten nur begrenzt verfügbar» seien, sagte ein Sprecher der US-Botschaft in der Schweiz gegenüber der Nachrichtenagentur AWP.

Das gesamte Afalmino für den amerikanischen Markt wird laut einer NHSc-Sprecherin in der Fabrik von NHSc im bernischen Konolfingen hergestellt. Um die zusätzlichen Mengen produzieren zu können, habe man in den letzten Monaten die Produktion hochgefahren. «Es gibt keine Auswirkungen auf das Angebot für andere Märkte», betonte die Sprecherin.

Wie viel Geld der zusätzliche Auftrag Nestlé einbringt, legte sie allerdings nicht offen.

Schliessung von Abbott-Fabrik sorgt für Knappheit
Normalerweise wird fast der gesamte Bedarf an Säuglingsnahrung in den USA im Inland hergestellt. Gleichzeitig ist der Markt aber nur auf wenige Hersteller verteilt. Auch die Nestlé-Tochter Gerber stellt in den USA Babymilchpulver her, ist dort aber laut der Sprecherin nur ein sehr kleiner Player.

Ganz anders als der US-Konzern Abbott, der mit Abstand am meisten Säuglingsnahrung für die grösste Volkswirtschaft der Welt produziert – was natürlich ein erhebliches Klumpenrisiko birgt: Im Februar musste Abbott seine grösste Fabrik in den USA schliessen, weil es Hinweise auf Verunreinigungen von Babynahrung gab. Das hat dann zur aktuellen Knappheit geführt.

Verstärkt wird diese Angebotslücke zusätzlich durch die nach wie vor herrschenden Lieferengpässe und den anhaltenden Personalmangel, die auch Hersteller von Milchpulver trifft.

Der Chef der US-Gesundheitsbehörde FDA liess zwar kürzlich durchblicken, dass das Abbott-Werk den Betrieb demnächst wieder aufnehmen darf, der Mangel ist aber offenbar schon akut: Diverse Medien berichten davon, wie Eltern im Supermarkt vor leeren Milchpulver-Regalen stehen. Besonders Babys, die besondere Ernährungsansprüche haben wie zum Beispiel eine Kuhmilchallergie, haben es aktuell schwer, ihren Muttermilchersatz zu bekommen.

Kriterien werden gelockert
Das Ganze ist auch bereits zum Politikum geworden: Abgeordnete wie etwa die Republikanerin Elise Stefanik werfen Präsident Joe Biden vor, sich nicht schnell genug um eine Lösung gekümmert zu haben. Am Mittwoch legte der Präsident dann den Plan mit dem Namen «Operation Fly Formula» vor.

Dieser sieht vor, dass die Einfuhr von Säuglingsnahrung, die ursprünglich nicht für den US-Markt gedacht war, vereinfacht und vor allem verschnellert werden soll. «Die Unternehmen müssen jedoch Informationen vorlegen, anhand derer die FDA beurteilen kann, ob ihr Produkt sicher verwendet werden kann und ob es eine angemessene Ernährung bietet», so der Botschafts-Sprecher.

Dazu gehörten etwa die Etikettierung, Informationen über die Nährwerte sowie Angaben über Lebensmittelsicherheit und Inspektionen in den Fabriken. «Aufgrund der Knappheit werden von der FDA vorrangig Produkte zugelassen, die die Sicherheit und ernährungsphysiologische Angemessenheit nachweisen können und über die grösste verfügbare Produktmenge verfügen», sagte er.

Da Nestlé in Konolfingen aber bereits für den amerikanischen Markt produziert, musste das Unternehmen in diesem Fall keine speziellen Anforderungen erfüllen. Wann genau die Säuglingsnahrung ihren Weg in die USA antritt, ist noch nicht ganz klar. Gemäss dem Communiqué der US-Regierung ist man derzeit auf der Suche nach einem freien Flugzeug. (awp/mc/pg)

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