Zürich – Der Zürcher Regierungsrat beobachtet die Entwicklungen rund um die US-Zölle «mit Besorgnis». Verglichen mit anderen Standorten dürfte Zürich jedoch glimpflich davonkommen.
Von den drohenden US-Zöllen sind im Kanton Zürich Güterexporte im Wert von rund 2 Milliarden Franken betroffen, wie Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) am Montag in der Kantonsratsdebatte erklärte. Dies sind «nur» 13 Prozent der gesamten Exporte in die USA.
87 Prozent der Zürcher Exporte sind Dienstleistungen, die bisher nicht durch Zölle verteuert werden sollen. «Zürich profitiert davon, dass die Wirtschaft diversifiziert ist», so Walker Späh weiter.
Die USA sind zudem längst nicht der wichtigste Handelspartner der Zürcher Unternehmen sondern stehen auf Platz 5. Am wichtigsten ist die EU: 57 Prozent der Zürcher Exporte gehen nach Europa.
Kurzarbeit für Industrieunternehmen
Dennoch ist der Regierungsrat angesichts der Pläne von US-Präsident Donald Trump besorgt. Auch wenn sich Zürich längst auf Dienstleistungen spezialisiert hat, gibt es hier nach wie vor Industrieunternehmen, die nun in eine unsichere Zukunft blicken.
Betroffen sind vor allem die Maschinen- und Metallindustrie. Über die Hälfte der Zürcher Exporte, die bald mit einem Zoll von 31 Prozent verteuert werden sollen, stammen aus den Branchen Elektronik, Optik und Maschinenbau. Um die Krisensituation zu überbrücken, können sie beim Kanton Kurzarbeit beantragen.
Zürcher Regierung setzt auf die EU
Die US-Zölle wirken sich aber auch indirekt auf Zürich aus: Sinkt die Nachfrage in der EU, hat das auch Auswirkungen auf Zürcher Zulieferer. «Sollte es einen Handelskrieg geben, besteht die Gefahr einer Rezession, die natürlich ebenfalls Folgen für Zürich hat.»
Um die Zürcher Wirtschaft am Laufen zu halten, setzt der Regierungsrat nun primär auf die EU. «Ein langfristiges und stabiles Verhältnis mit der EU ist von besonderer Bedeutung», sagte Walker Späh. Die Regierung werde sich auf Bundesebene aber auch im Dialog mit den EU-Ländern dafür einsetzen.
Bei der linken Ratsseite kam das Bekenntnis zur EU gut an. Dass sich der Regierungsrat für ein stabiles Verhältnis einsetze, sei wichtig, sagte Thomas Forrer (Grüne, Erlenbach). Jetzt müsse man auch die Beziehungen zu den direkten Nachbarn Bayern und Baden-Württemberg intensivieren.
SP: «Keine Anbiederungen über den Atlantik»
Auch die SP fand es sinnvoll, dass sich die Regierung primär nach Europa orientieren will. «Nur so wird es langfristig wirtschaftlichen Wohlstand geben», sagte Sibylle Marti (Zürich). «Jetzt ist nicht die Zeit für Anbiederungen über den Atlantik.»
Die FDP freute sich darüber, dass aus den Zürcher Linken «doch noch Anhänger des freien Warenverkehrs» geworden seien. «So hat Trumps Präsidentschaft immerhin etwas Gutes gebracht», sagte Mario Senn (Adliswil). Viele Linke hätten nun gemerkt, dass es ohne Globalisierung und ohne gute Rahmenbedingungen nicht gehe.
SVP: «Trump ist bald Geschichte»
Die SVP kritisierte hingegen die «Schnappatmung», die auf der linken Seite ausgebrochen sei. Das sei Ausdruck eines tiefsitzenden Trump-Komplexes, sagte Tobias Weidmann (Hettlingen). «Kaum kündigt er etwas an, verlieren gewisse Politiker hier die Contenance.» Trump sei bald wieder Geschichte, ob man ihn möge oder nicht.
Sich jetzt «wegen ein paar Zollschranken» an die EU zu binden, sei falsch. «Aber wir anerkennen selbstverständlich die ehrliche Sorge um die exportierenden Unternehmen», so Weidmann. Statt sich auf die EU zu konzentrieren, will die SVP lieber die Unternehmenssteuern senken. Damit könnten die Unternehmen die Auswirkungen der US-Zölle abfedern. Diese Vorlage kommt am 18. Mai vors Zürcher Stimmvolk.
US-Präsident Donald Trump hatte Anfang April angekündigt, zusätzliche Zölle auf Einfuhren aus der Schweiz von 31 Prozent zu verhängen. Die Massnahme trat am 9. April in Kraft. Wenig später setzte er sie allerdings für 90 Tage ausser Kraft, für alle Länder mit Ausnahme von China. Weiterhin gilt – auch für die Schweiz – jedoch ein pauschaler Zusatzzoll von 10 Prozent. (awp/mc/pg)