Mexikanischer Grosskonzern Femsa will Kioskbetreiber Valora kaufen
Muttenz – Der Kiosk-Konzern Valora könnte schon bald in mexikanische Hände gelangen. So bietet der Detailhandels- und Getränkekonzern Femsa rund 1,1 Milliarden Franken für alle ausstehenden Valora-Aktien in bar. Beim Verwaltungsrat stösst das Angebot auf offene Ohren.
Mit der geplanten Übernahme von Valora meldet die vorwiegend in Lateinamerika tätige Femsa ihre Ambitionen im europäischen Markt an. «Es ist für beide Seiten eine klassische ‹Win-Win-Situation'», sagte Femsa-CEO Daniel Rodriguez am Dienstag in Zürich vor den Medien. Für seine Gesellschaft bedeute die Transaktion ein Zugangstor für Europa und im Gegenzug werde Valora beim eingelegten Wachstumskurs unterstützt.
Weiteres Wachstum im Fokus
Geht es nach dem Management, soll sich an der Ausrichtung von Valora nichts ändern. Die Valora-Marken wie k Kiosk, Brezelkönig, Press & Books, Caffè Spettacolo oder Backwerk werden weiterentwickelt und auch am Hauptsitz in Muttenz und am bestehenden Management wird festgehalten. «Kostensynergien und Personalabbau stehen bei dieser Übernahme nicht im Fokus», versicherte Valora-Verwaltungsratspräsident Sascha Zahnd.
Bezüglich Wachstum soll aber ein Gang höher geschaltet werden. «Unsere Absicht ist es, den fragmentierten Markt in Europa zu konsolidieren», so Rodriguez. Sein Unternehmen sei stark aufgestellt und verfüge über die finanziellen Mittel, um dies umzusetzen.
Übernahmen möglich
Neben organischem Wachstum blieben auch weitere Übernahmen auf dem Prüfstand. «Wir haben schon in der Vergangenheit Geschäfte zugekauft und werden dies auch in Zukunft tun», sagte Valora-Chef Michael Mueller. Zuletzt hatte die Gruppe trotz der durch die Corona-Krise gedrückten Geschäfte die Präsenz an Schweizer Tankstellen stark vergrössert und etwa in Deutschland die Formate «Frittenwerk» und «Back-Factory» erworben.
Mit Femsa würde Valora einen starken Partner erhalten. Das an der mexikanischen und der New Yorker Börse kotierte Unternehmen erzielte im Geschäftsjahr 2021 einen Umsatz von 27 Milliarden US-Dollar – 15 Mal mehr als Valora im selben Jahr. Femsa, das 1890 als Brauerei gegründet wurde, betreibt heute nicht nur die Convenience-Shop-Kette Oxxo in Lateinamerika, sondern ist auch der weltweit grösste Franchise-Abfüller für Coca-Cola und der zweitgrösste Aktionär der Heineken-Gruppe.
Abschluss Ende September erwartet
Der Verwaltungsrat stehe «einstimmig» hinter dem Angebot und auch Hauptaktionär Ernst Peter Ditsch, der aktuell einen Anteil von knapp 17 Prozent an Valora hält, habe seine Unterstützung zugesichert. Falls alles läuft wie geplant, kann die Transaktion per Ende September 2022 abgeschlossen werden.
Der Zeitpunkt für eine Übernahme erscheint für den mexikanischen Konzern günstig. So dürfte der Umsatz von Valora im laufenden Jahr voraussichtlich wieder das Vorkrisenniveau erreichen, wie die Gruppe in einer separaten Meldung mitteilte. Die Geschäfte hätten sich seit der schrittweisen Aufhebung der behördlichen Restriktionen vor allem im zweiten Quartal kräftig erholt.
An der Börse legten die Valora-Aktien am Dienstag einen regelrechten Kurssprung hin und schlossen gut 51 Prozent höher mit 259,00 Franken – und damit nur knapp unter dem Angebotspreis von 260 Franken. Damit machten sie die seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie erlittenen Kursverluste auf einen Schlag wett. (awp/mc/ps)