Viktor Vekselberg, russischer Investor und Inhaber der Renova Gruppe.
Emmenbrücke – Der russische Grossinvestor Viktor Vekselberg hat einen Coup gelandet und sich einen wichtigen Anteil am Stahlkonzern Schmolz + Bickenbach geschnappt. Die Beschlüsse der Generalversammlung (GV), die am Freitag in Emmenbrücke stattfand, werden vorerst nicht eingetragen. Nach dem überraschenden Aktienkauf von Viktor Vekselbergs Beteiligungsgesellschaft verspricht der Verwaltungsrat der Sonntagspresse zufolge seinen Rückzug und baldige Neuwahlen.
Ein Tochterunternehmen der Schmolz+Bickenbach-Erben hat am Samstag beim Handelsregisteramt Luzern eine Registersperre erwirkt. Indem die GV-Beschlüsse nicht eingetragen werden, ist auch die beschlossene Erhöhung des Kapitals um 330 Mio CHF in der hochverschuldeten Industriegruppe vorerst blockiert. Mit der Sperre werde verhindert, dass die ihrer Ansicht nach unrechtmässig zustande gekommenen Beschlüsse der Generalversammlung umgesetzt werden können, teilte die Schmolz + Bickenbach GmbH & Co. KG (S+B KG), welche für die Erben steht, am Samstag mit.
Die S + B KG durfte an der GV vom letzten Freitag nach einer Verfügung des Zürcher Handelsgerichts nicht mit dem vollen Gewicht ihrer Beteiligung von 40,46% stimmen, sondern nur mit 20,46%. Ans Handelsregisteramt Luzern gelangten die Erben, weil sie deswegen das Aktienrecht verletzt sehen. Die Stimmrechtsbeschränkung hatte eine andere Schmolz+Bickenbach-Aktionärin beantragt.
Coup nach der GV
Die vergangenen Wochen bei Schmolz + Bickenbach waren von einem Machtkampf zwischen dem Verwaltungsrat auf der einen Seite und den Erben, die sich mehr und mehr Vekselberg annäherten, geprägt gewesen. Nach der GV, an der der Verwaltungsrat mit seinen Anträgen durchgekommen war, landete Vekselberg seinen Coup. Der Financier, der bereits die Industriekonzerne Sulzer und OC Oerlikon kontrolliert, gab am Freitagnachmittag bekannt, dass er von den Erben rund 20% der Aktien erworben habe. Die Erben und der Investor zusammen halten so nun über 40% der Gruppe.
Die Zukunft des bisherigen Verwaltungsrats um Präsident Hans-Peter Zehnder scheint nun besiegelt. Renova dürfte auf eine neue, ausserordentliche GV pochen und kann im Verbund mit den Nachkommen der Firmengründer die Muskeln spielen lassen. «Es wird eine neue Generalversammlung und einen neuen Verwaltungsrat geben, mit Renova als dominierendem Aktionär. Da werde ich nicht mehr dabei sein», sagte Hans-Peter Zehnder der Zeitung «Schweiz am Sonntag».
Übernahmeangebot
Die am Wochenende erwirkte Handelsregistersperre dauert zehn Tage und wird durch ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen automatisch verlängert. Die vom Verwaltungsrat beabsichtigte und von der GV gutgeheissene Kapitalerhöhung von 330 Mio CHF könne deshalb bis auf weiteres nicht durchgeführt werden, so die S+B KG. Diese ist der S+B KG und Vekselberg zu tief. Die beiden Aktionäre wollten die Mittel um 434 Mio aufstocken.
Die Erben und Renova müssen den übrigen Aktionären nun ein Übernahmeangebot unterbreiten. Wie viel sie für die Aktien bezahlen wollen, wird gemäss Mitteilung vom Freitagabend «in Kürze» bekannt gegeben. Gemäss Voranmeldung des Übernahmeangebots wird pro Aktie 2,85 CHF geboten. Bei Handelsschluss am Freitag lag der Kurs der Aktie bei 2,90 CHF.
S+B kündigt rechtliche Schritte gegen Handelsregistersperre an
Der Verwaltungsrat des Stahlherstellers hat in einer Stellungnahme rechtliche Schritte gegen die Handelsregistersperre von der Schmolz+Bickenbach GmbH & Co. KG (S+B KG) und Renova angekündigt. Man werde alles unternehmen, um die Eintragungssperre so rasch als möglich aufzuheben, heisst es in einer Mitteilung der S+B AG am Montag.
Man habe «mit Befremden vom Versuch Kenntnis genommen, die Handelsregister-Eintragung der Entscheidungen der ordentlichen Generalversammlung vom letzten Freitag zu verhindern und damit ihre Umsetzung zu blockieren», heisst es in der Mitteilung weiter. Der Schritt sei eine nicht akzeptable Obstruktion, das dem Unternehmen und den Aktionären erheblichen Schaden zufügen kann. Für diese möglicherweise entstehenden Schäden werde man die S+B KG und Renova vollumfänglich haftbar machen, so das Unternehmen.
Als Folge der Sperre müsse die von der GV beschlossenen Kapitalerhöhung um 330 Mio CHF vorerst verschoben werden, die am 2. Juli 2013 mit dem Beginn des Bezugsrechtshandels hätte beginnen sollen. Verwunderung äussert der Verwaltungsrat ebenfalls über den niedrigen Preis bei dem Verkauf von 20,5% der Anteile an Renova. Der Preis pro Aktie von 2,40 CHF entspreche einen Abschlag von 22% gegenüber dem Schlusskurs des Vortages von 3,09 CHF. Zu dem angekündigten Übernahmeangebot werde der Verwaltungsrat Stellung nehmen, wenn das definitive Angebot vorliegt, heisst es weiter.
Krisenkonzern
Schmolz + Bickenbach ist ein deutscher Traditionskonzern mit einer Zentrale in Düsseldorf. Mit der Übernahme der Swiss Steel 2006 kotierte sich der Konzern an der Schweizer Börse, der Firmensitz ist offiziell das ehemalige Swiss-Steel-Hauptquartier in Emmenbrücke LU.
Die Gruppe steckt allerdings tief in den roten Zahlen und ist mit fast einer Milliarde Franken verschuldet. Zudem büsste das Unternehmen Reputation ein, weil Ende 2011 ans Licht kam, dass sich der damalige Verwaltungsratspräsident Michael Storm privat aus der Firmenkasse bedient hatte. (awp/mc/upd/ps)