Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf.
Bern/Brüssel – Viel Aufregung herrscht momentan rund um die Schweizer Steuerabkommen mit Grossbritannien und Deutschland. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf sieht die Abkommen nicht gefährdet, während die beiden EU-Länder und die Kommission ihre Änderungsvorschläge abstimmen.
Beim britischen Schatzkanzleramt in London erklärte eine Sprecherin am Dienstag auf Anfrage, Grossbritannien stehe in Kontakt mit der EU-Kommission, «um ihren Bedenken Rechnung zu tragen». EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta hatte am Montag in Brüssel erklärt, Grossbritannien und Deutschland hätten zugestimmt, die nötigen Änderungen vorzunehmen. Dabei geht es der Kommission um Bereiche in den Abkommen, welche bereits von bestehendem EU-Recht oder künftig beabsichtigten Modifikationen von EU-Recht abgedeckt sind. Nebst der EU-Richtlinie (Gesetz) zur Zinsbesteuerung dürfen die Abkommen auch nicht im Widerspruch zum bilateralen Zinsbesteuerungsabkommen Schweiz-EU stehen.
Zinserträge ausklammern
Eine Sprecherin des deutschen Finanzministeriums sagte gegenüber der Nachrichtenagentur sda, es bestehe Einigkeit mit der Kommission darüber, dass lediglich private Zinserträge, die dem geltenden Zinsbesteuerungsabkommen Schweiz-EU unterliegen, «aus dem Anwendungsbereich» des Steuerabkommens heraus genommen werden. Diese Herausnahme führe dazu, dass es für diese Erträge beim Steuerrückbehalt von 35 Prozent bleibe. Die EU-Kommission hatte beim deutsch-schweizerischen Steuerabkommen den Prozentsatz der Quellensteuer kritisiert, der mit 26,375 Prozent von den 35 Prozent abgewichen war, welche im Zinsbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU vorgesehen ist.
Mario Tuor, Sprecher des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) erklärte auf Anfrage, man sei sich mit Deutschland und Grossbritannien einig, dass der Kerngehalt der Abkommen nicht geändert werde. Dazu gehöre der Schutz der Privatsphäre, die Steuersätze und die abgeltende Wirkung, auch für Zinsen.
Widmer-Schlumpf wehrt sich
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hatte am Dienstag gegenüber Schweizer Radio DRS erklärt, sie sehe die Steuerabkommen nicht gefährdet. Die Schweiz habe «vor einigen Wochen» einen Lösungsvorschlag für jenen Teil unterbreitet, in dem sich die Abgeltungssteuer mit der Zinsbesteuerung überschneide. In einer Antwort im Ständerat auf eine Motion der FDP über den Marktzutritt für Finanzdienstleister erklärte sie weiter, die Abkommen bewegten sich in einem Bereich, in dem nicht die EU zuständig sei, «klarerweise nicht».
Sie vertrete die Auffassung, dass «wir die souveränen Staaten als Partner haben». Es sei wichtig, Regeln zu haben, die «irgendwie mit den schweizerischen Vorstellungen» übereinstimmten. Dabei gehe es auch darum, mehr Marktzutritt zu erhalten.
Problem Marktzugang
Auch bei der Abgeltungssteuer mit Deutschland und Grossbritannien «haben wir die Marktzutrittsfrage geklärt». Das sei möglich gewesen, soweit das nicht in den Kompetenzbereich der EU hineingehe. Der Marktzugang war allerdings einer der Punkte, die der EU-Steuerkommissar in seinem Brief anspricht, den er am Montag an die dänische EU-Ratspräsidentschaft und alle EU-Finanzminister verschickt hatte. Wenn Steuerabkommen mit Drittstaaten auf eine breitere Zusammenarbeit hinausliefen, dürften keine Bereiche betroffen sein, welche bereits auf EU-Ebene geregelt seien. (awp/mc/ps)