Zürich – Der Arzneimittelhersteller Vifor Pharma sieht sich gut aufgestellt für einen Alleingang. «Es ist nicht nötig, dass wir übernommen werden, um unsere zentrale Story und Strategie umzusetzen», sagte Konzernchef Stephan Schulze am Freitag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
«Wir haben den Finanzbedarf nicht, wir haben den Bedarf nicht aus Sicht der Ressourcen und des Marktzugangs.» Eine Stellungnahme dazu, ob Vifor Kaufinteressenten angelockt habe, wie Reuters jüngst von Insidern erfahren hatte, lehnte Schulze ab. «Wir haben diese Gerüchte in der Vergangenheit gehört und ich bin sicher, wir werden sie auch in Zukunft hören. Wir kommentieren diese Gerüchte einfach nicht».
Insidern zufolge hat mindestens eine grosse Private-Equity-Gesellschaft mit Vifor kürzlich Gespräche über eine mögliche Übernahme geführt. Im Raum gestanden sei eine Offerte in der Grössenordnung von zehn Milliarden Franken. Gegenwärtig ruhten die Gespräche, und es sei unklar, ob sie wieder aufgenommen würden und ob möglicherweise auch Firmen aus der Gesundheitsbranche ein Auge auf Vifor werfen könnten.
Mehr Zukäufe als bislang
Vifors Medikamentenportfolio biete Potenzial für weiteres Wachstum, erklärte Schulze, der im Mai den langjährigen Unternehmenslenker Etienne Jornod abgelöst hatte. Er signalisierte, dass Vifor Zukäufe künftig aktiver angehen könnte als bislang. «Wenn wir den richtigen Wirkstoffe finden, würde ich lieber drei Deals pro Jahr sehen als nur einen», sagte der Deutsche.
«Aus meiner Sicht würde ich jedes Jahr, in dem wir nicht mindestens eine Transaktion abgeschlossen haben, als verlorenes Jahr bezeichnen.» Konzentrieren will sich Schulze dabei auf Erkrankungen, die letztendlich zu einem Nierenversagen führen.
Anfang November hat sich das Unternehmen von der US-Firma Aigion die Rechte des in der spätklinischen Entwicklung steckenden Medikaments ANG-3777 gesichert, mit dem Probleme nach einer Nierentransplantation behandelt werden sollen.
Hauptgeschäft von Vifor sind Arzneien gegen Eisenmangel wie das intravenös verabreichte Ferinject. Das Medikament stand im vergangenen Jahr mit gut einer Milliarde Franken für etwas mehr als die Hälfte des Konzernumsatzes. In dem Geschäft sind die Schweizer Weltmarktführer. Zudem betreibt Vifor zusammen mit Fresenius Medical Care ein Gemeinschaftsunternehmen, das Mittel gegen Nierenleiden entwickelt und vermarktet. Das kleinste Geschäft ist eine Arznei gegen einen erhöhten Kaliumspiegel.
Zuversicht für baldige Erholung
Die Coronavirus-Krise wird Schulze zufolge Spuren bei Vifor hinterlassen. «Wir stehen eindeutig in direktem Zusammenhang mit der Intensität der Massnahmen zur Eindämmung.» Krankenhäuser konzentrierten sich auf die Notfallversorgung und hätten weniger Kapazitäten für ambulante Behandlungen wie Infusionen.
An der im August gesenkten Jahresprognose hält Schulz fest und setzt auf eine baldige Erholung. «Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir, sobald wir Licht am Ende des Tunnels sehen, hoffentlich im Frühjahr nächsten Jahres, wieder vollständig zu normalen Wachstumsraten zurückkehren werden.» (awp/mc/pg)