Bern – Im Kampf um eine faire Entschädigung von Betrugsopfern im VW-Abgas-Skandal geht die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) einen Schritt weiter: Die SKS will rechtliche Schritte ergreifen und hat sich dazu europaweit vernetzt.
Dazu arbeitet die Stiftung mit Partnern aus Österreich, den Niederlanden und Deutschland zusammen, wie die SKS am Dienstag an einer Medienkonferenz mitteilte.
Die SKS versuchte bereits vor einem Jahr, über einen aussergerichtlichen Vergleich zu erreichen, dass betroffene Autobesitzer in der Schweiz fair entschädigt werden. Dafür schloss sich die Stiftung für Konsumentenschutz mit der holländischen Stiftung «VW Car Claim» zusammen. Über 100’000 Betroffene haben sich der Gruppe angeschlossen, davon 2000 aus der Schweiz.
Dieser Verhandlungsweg sei allerdings gescheitert. «VW verweigerte jedes Verhandlungsgespräch gegenüber dieser grossen Gruppe», sagte Sara Stalder, Geschäftsleitern der SKS.
Gleiche Behandlung wie in den USA
Nun bereite sich «VW Car Claim» in Holland auf das Einreichen einer Klage vor. Und auch die SKS wolle den Druck aus der Schweiz verstärken und prüfe ebenfalls rechtliche Schritte. Konkret sollen Klageaktionen durchgeführt werden, um die Rechte der Betroffenen durchzusetzen. Geschädigte Konsumenten sowie kleine und mittlere Unternehmen können sich für das Klageprojekt anmelden.
Ziel sei es, dass geschädigte Autobesitzer in Europa gleich behandelt werden wie in den USA, sagte Stalder. Dort hätten VW-Kunden einen Schadenersatz von 5000 bis 10’000 USD erhalten oder ihr Fahrzeug zurückgeben können.
Allerdings sei es schwierig, solche Ansprüche in der Schweiz und in ganz Europa geltend zu machen, sagte Stalder. Denn anders als in den USA, fehle hier ein Gruppenklage-Instrument. Der VW-Konzern wiege sich deshalb in Sicherheit und habe sich bisher geweigert, im europäischen Raum in Verhandlungen mit Anwälten zu treten.
Trotzdem könnten gleichartige Ansprüche auf verschiedene Arten gebündelt und geltend gemacht werden, sagte Alexander Amann, Partner bei Schwärzler Rechtsanwälte, welche in diesem Projekt mit der SKS zusammenarbeiten: «Im Extremfall könnten alle knapp 180’000 betroffene Fahrzeughalter aus der Schweiz in einer einzigen Klage gegen VW aufscheinen.» Wahrscheinlicher seien aber mehrere Musterprozesse.
Verjährungsfrist läuft Ende Jahr ab
Bei der Stiftung «VW Car Claim» haben sich im vergangenen Jahr allerdings lediglich 2000 Schweizer Betrugsopfer gemeldet. «Wir erhoffen uns, dass sich jetzt noch mehr Betroffene für dieses Klageprojekt anmelden», sagte Stalder. Denn so sei das Gewicht gegenüber VW grösser und auch die Prozesskosten könnten so getragen werden. Für die Teilnahme am Klageprojekt werde von den Betroffenen denn auch ein Unkostenbeitrag erhoben.
Ausserdem sollten sich die Autobesitzer möglichst schnell melden. «Denn die ersten betroffenen Fahrzeuge wurden bereits im Jahr 2008 verkauft und in der Schweiz gelten oft Verjährungsfristen von höchstens zehn Jahren», erklärt Amann weiter.
Der Volkswagen Konzern hatte im September 2015 zugegeben, in weltweit rund elf Millionen Dieselfahrzeugen eine Manipulationssoftware installiert zu haben, die den Stickoxidausstoss im Testbetrieb als zu niedrig auswies. In der Schweiz sind nach Angaben des Bundesamtes für Strassen (ASTRA) rund 180’000 Autos mit der manipulierten Software bestückt. (awp/mc/ps)