Bauarbeiter protestieren gegen LMV-Blockade

Unia-Protest Bern

Protestierende in Bern beim neuen Wankdorf-Kreisel.

Bern – In Genf, Lausanne, Bern und Zürich führen tausende Bauarbeiter einen Protesttag durch. Auf zahlreichen Baustellen ruhten Betonmischer, Presslufthämmer, Kräne und andere Baugeräte. Die Bauarbeiter wollten mit ihren Aktionen gegen die Blockade in den Verhandlungen für einen neuen GAV protestieren.

Tausende Bauarbeiter haben am Freitag mit einem nationalen Protesttag der Gewerkschaften den Druck auf die festgefahrenen Verhandlungen für einen neuen Landesmantelvertrag (LMV) erhöht. Auf zahlreichen Baustellen in Genf, Lausanne, Bern und Zürich ruhten Betonmischer, Presslufthämmer, Kräne und andere Baugeräte.

Über 7000 Bauarbeiter nehmen an Protestaktion teil
Über 7000 Bauarbeiter hätten an den Protestaktionen teilgenommen, sagte der Branchenleiter Baugewerbe bei der Gewerkschaft Unia, Hansueli Scheidegger, vor den Medien in Zürich: «Wir sind überrascht von der Beteiligung an Protesttag. Wir haben nicht so viele Bauarbeiter erwartet.»

Über 1000 Baustellen betroffen
Man gehe davon aus, dass sich auf mehr als 1’000 Baustellen in den vier Regionen Bauarbeiter für diesen Protesttag freigenommen hätten. Alleine in Genf seien 4’000 Bauarbeiter zu einer Kundgebung zusammengekommen, teilten die Gewerkschaften Unia, Syna und SIT mit. In Lausanne zogen 1’500 bis 2’000 Demonstranten durch die Stadt.

Auf einer Grossbaustelle in Wallisellen trafen sich protestierende Bauarbeiter zum gemeinsamen Mittagessen. Danach fuhren mehrere Hundert von ihnen mit einem Extra-Zug nach Zürich, um in einer Demonstration vor den Sitz des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV) zu ziehen, wo sie ihre Anliegen deponieren wollten.

Besserer Vertrag gefordert
Mit ihren Aktionen verlangten die Beschäftigten einen besseren LMV, nachdem Verhandlungen mit dem Baumeisterverband Anfang November gescheitert waren. Die Baumeister hätten die Verhandlungen am 2. November platzen lassen, teilten die Gewerkschaften Unia und Syna mit.

Zahl der Beschäftigten rückläufig – trotz Bauboom
Obschon die Bauwirtschaft boome, gehe die Zahl der Beschäftigten zurück, klagt die Unia. Der Druck sei dadurch massiv grösser geworden. Die Beschäftigten müssten das mit ihrer Gesundheit bezahlen. Gleichzeitig hätten die Fälle von Lohndumping «erschreckend» zugenommen. Es brauche deshalb mehr Schutz. Seit neun Monaten verhandelten Gewerkschaften und Baumeister über einen neuen Landesmantelvertrag, doch der SBV blockiere eine Lösung der Probleme. Der bisherige LMV läuft Ende Jahr aus.

Die grosse Beteiligung am Protesttag sei ein wichtiges Zeichen, das der SBV ernst nehmen müsse, sagte Scheidegger. Der Verband müsse jetzt nochmals ernsthaft über die Bücher gehen und Lösungen anbieten. Am nächsten Freitag wollen die Gewerkschaften noch einen Protesttag im Tessin, vor allem in Bellinzona, durchführen.

Streiks vorbereitet
Trotz der Verhärtung der Fronten durch die Protestaktionen zeigten sich Scheidegger und sein Syna-Kollege Ernst Zülle zuversichtlich, noch vor Ende Jahr zu einem Abschluss mit den Baumeistern für einen neuen LMV zu kommen. Man bereite aber Streiks vor für den Fall, dass der vertragslose Zustand eintrete. Die Kriegskasse sei gut gefüllt und werde freigegeben.

Baumeisterverband will bestehenden LMV vorerst weiterführen
Der Baumeisterverband appellierte indes erneut an die Gewerkschaften, den bestehenden Landesmantelvertrag vorerst fortzuführen, wie SBV-Direktor Daniel Lehmann im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda sagte. «Es geht nicht darum, die Verhandlungen und einen neuen Vertrag zu verzögern», sagte Lehmann. Man wolle aber einen vertragslosen Zustand vermeiden, in dem man Lohndumping schlechter kontrollieren könne als bisher, vor allem bei Firmen, die nicht im Verband seien.

Die Patrons bieten den Gewerkschaften eine Lohnerhöhung im Bauhauptgewerbe um 1,5% und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gegenwert von 0,75 Lohnprozenten an.

Scharfe Kritik des SBV
Die Protestaktionen der Gewerkschaften kritisierte der SBV scharf: Die Aktionen der Unia seien schwere und illegale Verstösse gegen die Friedenspflicht. Es handle sich dabei nicht um Streiks, weil kaum ein Arbeiter freiwillig die Arbeit niedergelegt habe, sondern um Provokationen der Unia-Leute.

Dabei schrecke die Gewerkschaft nicht vor kriminellen Handlungen wie Nötigung, Sachbeschädigung, Diebstahl bis hin zu Raub zurück, schrieb der SBV in seiner Mitteilung. Unter anderem will der Verband beobachtet haben, wie Baumaschinen sabotiert wurden. Scheidegger von der Unia konterte, diese Vorwürfe seien «copy-paste»: «Die hören wir seit Jahren bei jeder Aktion, die wir machen.» (awp/mc/pg)

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