WEF: «Kein Land kann es sich leisten, die Frauen – 50% des Humankapitals – nicht adäquat einzusetzen.»
Zürich – Die Schweiz ist auf der weltweiten Gleichstellungs-Rangliste einen Rang vorgerückt. Sie liegt nun auf Platz neun. An der Spitze befinden sich Island, Finnland, Norwegen und Schweden. Jemen bildet das Schlusslicht. Der am Freitag veröffentlichte Global Gender Gap Report 2013 des World Economic Forum (WEF) untersucht in 136 Ländern, in denen 93 Prozent der Weltbevölkerung leben, die Gleichstellung von Mann und Frau in den Bereichen Gesundheit und Lebenserwartung, Bildung sowie Einbindung in politische und wirtschaftliche Entscheidungsstrukturen.
Den Gender Gap – die geschlechtsspezifische Gleichheitslücke – zu schliessen, sei wichtig für Gerechtigkeit und ökonomische Effizienz, sagte Margareta Drzeniek Hanouz vom WEF am Freitag vor den Medien in Zürich. Kein Land könne es sich leisten, die Frauen – 50% des Humankapitals – nicht adäquat einzusetzen.
Handlungsbedarf in Politik und Wirtschaft
Der Zugang zu Gesundheit und Bildung ist weltweit zunehmend gerechter verteilt, wie Drzeniek Hanouz weiter sagte. Grossen Handlungsbedarf stellt sie bei der politischen Mitwirkung und der wirtschaftlichen Gleichstellung fest – auch in der Schweiz.
Bei der politischen Mitwirkung gelten beispielsweise die Anzahl Frauen in Parlamenten und in Ministerämtern als Indikatoren. Hier belegt die Schweiz Rang 16, die Lücke zwischen den Geschlechtern ist zu 36% geschlossen.
Im Bereich wirtschaftliche Beteiligung und Chancengleichheit findet sich die Schweiz auf Rang 23. Beim Indikator Lohngleichheit bei vergleichbarer Tätigkeit ist sie auf Platz 56, die Lücke zwischen den Geschlechtern beträgt rund 33%.
Nach wie vor markante Lohnunterschiede
In Sachen Lohngleichheit könnte die Schweiz in den kommenden Reports eventuell besser platziert sein. Justizministerin Simonetta Sommaruga hat kürzlich bekannt gegeben, dass sie den Gesetzgebungsprozess für Lohnkontrollen in Gang setzen möchte.
Zudem kann sie sich vorstellen, den «Lohngleichheitsdialog» zu verlängern. Das Parlament hat in der Sommersession einen Vorstoss auf Eis gelegt, der Kontrollmechanismen für die Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen forderte. Der Nationalrat fasste den entsprechenden Sisitierungsentscheid stillschweigend.
Die vorberatenden Kommissionen räumten ein, dass es nach wie vor markante Lohnunterschiede gibt. Allerdings gebe es den Lohngleichheitsdialog und andere Bestrebungen, dies zu beheben. Bis Mitte 2014 soll eine Analyse vorliegen, und bis dann wollen die Räte auch abwarten.
Grosser Einfluss der Politik
Gemäss Drzeniek Hanouz kann die Politik die Kluft zwischen den Geschlechtern «entscheidend beeinflussen». Laut dem Zürcher Regierungsrat Martin Graf, Vorsteher der Direktion der Justiz und des Innern, arbeitet auch der Kanton Zürich daran, den Gender Gap zu schliessen.
Es mache wirklich keinen Sinn, Frauen gut auszubilden und dann nicht einzusetzen, sagte Graf. Graf amtete als Gastgeber für die Schweizer Präsentation des Berichts, der gleichentags auch in London vorgestellt wurde. (awp/mc/ps)