Bern – Laut dem Bundesrat sind Verhandlungen mit der EU über die Teilnahme der Schweiz am Forschungsprogramm Horizon «zurzeit nicht möglich». Deshalb brauche es Übergangslösungen für Schweizer Forschende. In die Bresche springen soll beispielsweise der Nationalfonds.
Schweizer Forscherinnen und Forscher sowie Schweizer Unternehmen können heute europäische Projekte nicht mehr koordinieren, weil die Schweiz von der EU als Drittland eingestuft wurde. Die Forschung kann keine Fördermittel vom Europäischen Forschungsrat mehr erhalten und auch die Beteiligung der KMU ist gefährdet.
Ziel des Bundesrats bleibt weiter die Assoziierung an Horizon Europe zum frühestmöglichen Zeitpunkt, wie er am Freitag mitteilte. Ein schneller Durchbruch ist aber unwahrscheinlich: Die Frage einer Assoziierung der Schweiz werde seitens der EU «im Lichte der Gesamtbeziehungen Schweiz-EU gesehen», schreibt der Bundesrat. Verhandlungen seien zurzeit nicht möglich.
Kosten noch unklar
Deshalb hat die Landesregierung die Einleitung von Übergangslösungen beschlossen für Forschende, die bei EU-Ausschreibungen nicht eingabeberechtigt sind. Konkret sollen sich Betroffene beim Schweizerischen Nationalfonds (SNF), bei der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung (Innosuisse), bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und weiteren Akteuren melden können.
Diese sollen selber Ausschreibungen tätigen, die sich «soweit wie möglich an den europäischen Ausschreibungen orientieren». Die Eingabefristen für Projekte sollen aber selbst bestimmt werden können.
Wie viel Geld der Bundesrat für die geplanten Übergangsmassnahmen in die Hand nehmen will, ist noch unklar. Die Regierung wird dem Parlament den Kredit mit einer Nachmeldung zum Voranschlag 2022 in der Wintersession 2021 unterbreiten, wie es heisst. Das letzte Wort haben also die eidgenössischen Räte.
Bruch nach Nein zu Rahmenabkommen
Der Bundesrat gibt in seiner Mitteilung zu bedenken, dass sich auch Forschende im Status eines nicht assoziierten Drittlandes an den meisten Horizon-Verbundprojekten beteiligen können. Rund zwei Drittel des Programms seien zugänglich. Finanziert werden sie aber nicht von der Europäischen Kommission, sondern vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Ausgeschlossen seien dagegen Einzelprojekte. Dazu gehörten auch prestigeträchtige Stipendien.
Das Horizon-Europe-Rahmenprogramm dauert von 2021 bis 2027 und ist mit einem Budget von gut 95 Milliarden Euro das weltweit grösste Forschungs- und Innovationsförderprogramm. Die Schweiz war am Vorgängerprogramm Horizon 2020 vollassoziiert. Der Abbruch der Verhandlungen mit der EU um ein institutionelles Rahmenabkommen Ende Mai führte dann dazu, dass die Schweiz in die schlechteste Assoziierungskategorie verbannt wurde.
Die EU-Kommission machte in der Folge die Forschenden in der Schweiz in einem Schreiben darauf aufmerksam, dass sie an eine Universität in der EU wechseln sollten, wollten sie voll von den Vorteilen des EU-Forschungsprogramms profitieren. Der Bund reagierte umgehend: Ein Wechsel an eine Universität in der EU sei nicht nötig, um Fördermittel zu erhalten, schrieb das SBFI. (awp/mc/pg)