(Foto: SRG)
Bern – Die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) hat das Gemeinschaftsunternehmen von Swisscom, SRG und Ringier, in dem diese ihren Werbeverkauf bündeln wollen, ohne Auflagen genehmigt. SRG und Ringier sind mit dem Entscheid zufrieden. Die Verleger sind enttäuscht. Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) verbietet der SRG aber vorläufig, von den neuen Werbemöglichkeiten des Joint Ventures zu profitieren.
Der Entscheid der Weko bietet medienpolitischen Zündstoff. Dies vor allem weil verschiedene Verleger und der Verlegerverband bereits im Vorfeld des Weko-Entscheids klar gemacht haben, dass sie diese Werbeallianz eines privaten Medienhauses mit den staatsnahen Unternehmen Swisscom und SRG bekämpfen werden. Sie argumentierten dabei vor allem, dass diese Werbeallianz zu einer weiteren Wettbewerbsverzerrung führen werde.
Weko erwartet weiterhin funktionierenden Werbemarkt
Tatsächlich erwartet die Weko, dass das Gemeinschaftsunternehmen zu einem der stärksten Werbevermarkter in der Schweiz aufsteigt, wie sie am Mittwoch mitteilte. Dennoch geht die Weko von einem weiterhin funktionierenden Werbemarkt aus, weil es auch noch andere starke Wettbewerber gebe, wie Weko-Direktor Rafael Corazza auf Anfrage sagt. Dabei habe für den Entscheid keine Rolle gespielt, dass mit Swisscom und SRG zwei staatsnahe Unternehmen beteiligt sind. «Wir behandeln diese gleich wie private Firmen.» Beim Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung verweist Corazza auf den Auftrag der Weko. Die entscheidende Frage bei der Beurteilung des Zusammenschlusses sei für die Behörde gewesen, ob damit eine marktbeherrschende Stellung entstehe, die den Wettbewerb beseitige, sagt Corazza.
Die Frage der Wettbewerbsverzerrung dagegen habe sich nicht gestellt. Denn wenn es eine Verzerrung des Wettbewerbs gebe, dann bestehe sie durch die Werbeaktivitäten der gebührenfinanzierten SRG politisch gewollt bereits heute.
SRG darf neue Werbeplattform vorläufig nicht nutzen
Der Entscheid wird gemäss der Interessenlage unterschiedlich beurteilt. So zeigen sich Swisscom, SRG und Ringier erfreut. Der neue Werbevermarkter habe die Chance, etwas auf dem Werbemarkt der Schweiz zu bewegen, sagte zum Beispiel Swisscom-Chef Urs Schaeppi am Rande einer Medienkonferenz an der ETH in Lausanne. Es gebe auch keinen Grund zur Sorge. Die neue Werbeplattform werde allen offen stehen. Für Ringier hat die gemeinsam Vermarktungsorganisation eine erste wichtige Hürde genommen. «Wir wollen hier nun aber doch auch noch die Einschätzung des Bundesamts für Kommunikation (Bakom) abwarten», sagte Ringier-Sprecher Edi Estermann auf Anfrage.
Das Bakom hat im September eine Untersuchung darüber eingeleitet, ob die Beteiligung der SRG an der Werbeallianz den Programmauftrag der SRG beeinträchtigt oder den Entfaltungsspielraum privater Verlagshäuser und Medienanbieter erheblich beschränkt. Sollte das Bakom dies feststellen, kann es dem Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) konkrete Auflagen an die SRG vorschlagen.
Um nicht vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, hat das Bakom eine vorsorgliche Massnahme erlassen. So darf die SRG vorläufig die neue gemeinsamen Werbeplattform nicht nutzen, wie das Bakom am Mittwoch mitteilte. Das Verbot gilt bis zum Abschluss des Aufsichtsverfahrens, längstens jedoch bis am 31. März 2016.
Verleger fordern Eingreifen des Bundes
Enttäuscht über den Weko-Entscheid zeigen sich dagegen die Werbevermarkterin Goldbach Group, die Aktion Medienfreiheit und der Verband der Schweizer Medien (VSM). Der VSM bedauere den Weko-Entscheid, heisst es in einer Medienmitteilung vom Mittwoch. Der Entscheid komme jedoch nicht überraschend, da die Weko die Wettbewerbsverzerrung nicht habe berücksichtigen können. Der VSM fordert darum jetzt ein Eingreifen des Bakom. So solle das Bakom die Allianz in dieser Form entweder untersagen oder sicherstellen, dass die Nutzerdaten sowie die SRG-Inhalte weitergegeben werden, oder sich alle interessierten Partner an der Allianz beteiligen können, heisst es in der Mitteilung.
Die Goldbach Group bedauert gemäss einer Mitteilung, dass die Weko ihren Entscheid trotz grosser Bedenken der nicht an der Werbeallianz beteiligten Unternehmen getroffen hat. Es werde nun Aufgabe der Aufsichtsbehörden und der Politik sein, sicherzustellen, dass das Gemeinschaftsunternehmen die übrigen Medienunternehmen nicht zusätzlich benachteilige, heisst es weiter.
Für die Aktion Medienfreiheit zeugt der «absurde Entscheid der Weko» von wenig liberalem Wirtschaftsverständnis. Um das weiter Vorstossen von Staatsbetrieben in kommerzielle Bereiche zu unterbinden, müsse möglichst bald geeignete Massnahmen getroffen werden, schreibt die Aktion in einer Mitteilung. Nun sei die Politik gefordert.
Die Antwort auf Online-Riesen wie Facebook und Google?
Swisscom, SRG und Ringier haben Mitte August mitgeteilt, dass sie ihre Werbevermarktung in einem gemeinsamen Unternehmen zusammenführen wollen. Mit der Zusammenlegung des Werbeverkaufs wollen die drei Unternehmen nach eigenen Angaben internationalen Online-Riesen wie Google oder Facebook auf dem Werbemarkt die Stirn bieten.
Während Swisscom neben technologischem Know-how die Vermarktungsrechte von seinen Online-Plattformen und von Swisscom TV einbringt, treten Ringier und die SRG die Vermarktungsrechte ihrer reichweitenstarken Medienangebote ab. Als Folge des Zusammenschlusses im Werbebereich ist Ringier Ende August aus dem Verband Schweizer Medien ausgetreten. (awp/mc/pg)