Bern – Die Corona-Krise hat im vergangenen Jahr auch die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) beschäftigt. So stellte sie öffentlich klar, dass das Kartellrecht auch während der Krise gilt. Leitentscheide fällte die Weko 2020 etwa zum Gasmarkt oder zum Glasfasernetz.
Im vergangenen Jahr haben manche Branchen mehr unter der Corona-Krise gelitten als andere. Dies hatte auch Konsequenzen für den Wettbewerb, wie die Weko in ihrem Jahresbericht schreibt, der am Dienstag veröffentlicht wurde.
So begleitete die Weko die kartellrechtskonforme Ausgestaltung der finanziellen Unterstützung der Fluggesellschaften. Im Mai 2020 kam die Weko zum Schluss, dass die Garantien des Bundes zur Sicherung von Darlehen zugunsten von Swiss und Edelweiss mit dem Luftverkehrsabkommen vereinbar seien.
Im zweiten Fall fiel der Entscheid der Weko negativ aus. Der Bund beabsichtigte, auch die SR Technics Switzerland AG, die Anbieterin von technischen Dienstleistungen in der zivilen Luftfahrt, zu unterstützen. In ihrer Stellungnahme vom Juni 2020 kam die Weko zum Schluss, dass die Beihilfe nicht mit dem Luftverkehrsabkommen vereinbar sei. Dies im Wesentlichen, weil sich das Unternehmen bereits am 31. Dezember 2019 in finanziellen Schwierigkeiten befand.
Gasmarkt, Swissom und UPC
Neben diesen Prüfungen fällte die Weko 2020 mehrere Leitentscheide. Mit ihrem Entscheid «Gasmarkt Zentralschweiz» verpflichtete die Weko die dortigen Netzinhaber, die Durchleitung von Erdgas zu erlauben. Die Endkundinnen und -kunden können seither ihren Erdgaslieferanten frei wählen.
«Der Entscheid führt zur vollständigen Liberalisierung des Schweizer Gasmarktes», hielt Weko-Präsident Andreas Heinemann am Dienstag vor den Medien in Bern fest. Der Entscheid folge einer allgemeinen Logik und sei so für die ganze Schweiz gültig.
Am 14. Dezember 2020 erliess die Weko vorsorgliche Massnahmen gegenüber dem Telekommunikationsunternehmen Swisscom und untersagte diesem mit sofortiger Wirkung, sein Glasfasernetz in einer Weise aufzubauen, die anderen Anbietern einen Zugang verunmöglicht. Mit diesem Schritt wollte die Weko verhindern, dass ein neues Monopol auf der Datenautobahn entsteht. Der Entscheid sei derzeit beim Bundesverwaltungsgericht hängig, ergänzte Heinemann.
Eine Busse von rund 30 Millionen Franken sprach die Weko schliesslich gegen den grössten Schweizer Kabelnetzbetreiber UPC aus. Die UPC wurde sanktioniert, weil sie ihren Konkurrenten Swisscom keine Eishockey-Spiele übertragen liess. Die Weko habe festgestellt, dass die UPC bei der Live-Übertragung der Schweizer Eishockeymeisterschaft im Bezahlfernsehen marktbeherrschend sei, urteilte die Weko. UPC legte beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen den Entscheid ein.
Weiterhin gut schnitt die Weko vor Gericht ab: Ein Dutzend Gerichtsentscheide bestätigten die Praxis der Weko, in einem einzigen Fall, beim Ticket-Deal des Hallenstadions, wurde die Weko im März 2020 vom Gericht korrigiert.
Gegenvorschlag zu Fair-Preis-Initiative
Derzeit ist die Weko mit der Umsetzung des Gegenvorschlags zur Fair-Preis-Initiative beschäftigt, den das Parlament im vergangenen März verabschiedete. Die Referendumsfrist läuft zwar noch, die neuen Regelungen dürften jedoch noch im Laufe des Jahres oder Anfang 2022 in Kraft treten.
Neu werden die relative Marktmacht sowie ein neuer Missbrauchstatbestand ins Kartellgesetz aufgenommen. Ausserdem wird ein Geoblocking-Verbot im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb eingeführt.
«Wir rechnen mit vielen Beschwerden aufgrund dieser neuen Regelungen», sagte Weko-Direktor Patrik Ducrey. Eine Arbeitsgruppe beschäftige sich derzeit mit einem materiellen Umsetzungsgesetz. Es müsse definiert werden, welche Klagen die Weko behandeln würde und welche nicht.
25 Jahre Weko
2021 werden nicht nur das Kartell- und das Binnenmarktgesetz, sondern auch die Weko selbst 25 Jahre alt. Die schweizerische Wettbewerbspolitik und ihre Umsetzung im geltenden Kartellgesetz seien zielführend und würden internationalen Standards entsprechen, hält die Weko zum Jubiläum fest.
Letztlich sei es die Wettbewerbsbehörde, welche die Bestimmungen in die Praxis umsetze. «Die Weko ist zu Recht Anwältin des Wettbewerbsrecht und nimmt diese Aufgabe auch gerne wahr», schloss Ducrey. (awp/mc/ps)