Bern – Wegen Verstössen gegen das Kartellgesetz hat die Wettbewerbskommission (Weko) die Kies Aaretal AG (KAGA) mit 5,3 Millionen Franken gebüsst. Das Unternehmen zieht den Entscheid – zumindest in Teilen – ans Bundesverwaltungsgericht weiter.
Die KAGA ist die grösste Kies- und Deponiegrube im Raum Bern. Ihre sieben Aktionärinnen sind ebenfalls im Kies- und zumeist auch im Deponiebereich tätig. Das Unternehmen und die Aktionäre haben sich nach Weko-Angaben vom Dienstag vor dem Wettbewerb in ihrem Gebiet geschützt und Wettbewerber im ihrem Geschäftsbereich behindert.
Die Aktionäre koordinierten sich dabei vor allem im KAGA-Verwaltungsrat, in dem jeder Aktionär mit einer Schlüsselperson Einsitz hatte. Sie profitierten laut Weko im Vergleich zu Konkurrenten von deutlich tieferen Kiespreisen und subventionierten Transportkosten.
Die Preise für die Konkurrenz lagen zeit- und teilweise bis zu 40 Prozent höher als jene für die Aktionäre, wie aus der Weko-Untersuchung hervorgeht.
Auch verpflichteten sich die KAGA-Aktionäre zu einem Konkurrenzverbot. Im KAGA-Gebiet sollten sie keine Abbaurechte erwerben und kein Kies abbauen. Die KAGA koppelte zudem zu Lasten von Nicht-Aktionären vorübergehend das Deponieren von Aushub an den Bezug von Kies, wie die Weko weiter festhielt.
Diese und weitere Verhaltensweisen hätten den Wettbewerb im Kies- und Deponiewesen auch zulasten von KMU und der öffentlichen Hand gehemmt.
Die Untersuchung richtete sich gegen die Firmen KAGA, Alluvia, Heimberg, Daepp, Kästli-Gruppe, Marti-Gruppe und Vigier. Ausser Vigier schlossen alle mit der Weko eine einvernehmliche Regelung ab, wodurch sich die Bussen reduzierten. Die Abmachung regelte zum Teil das Verfahren und zu ergreifende Massnahmen.
Alluvia wurde mit rund 380’000 Franken gebüsst, Daepp mit 300’000 Franken, die Kästli-Gruppe mit 460’000 Franken, die KAGA mit 3,1 Millionen Franken, Heimberg mit 240’000 Franken, die Marti-Gruppe mit 390’000 Franken und Vigier mit 400’000 Franken.
Nächste Station: Bundesverwaltungsgericht
Die KAGA teilte am Dienstag umgehend mit, sie werde die Weko-Verfügung zumindest in Teilen beim Bundesverwaltungsgericht anfechten. Das Unternehmen ficht insbesondere Teile der Verfügung an, die gesellschaftsrechtliche Fragen betreffen.
Die KAGA stört sich vor allem am «Verbot, künftig – wie dies andere KMU selbstverständlich tun können – branchenkundige Führungspersonen einstellen zu dürfen». Das Verbot, Unternehmensangehörige in den Verwaltungsrat zu bestellen oder Geschäftsleitungsmitglieder aus der Branche einzustellen sei willkürlich und bedeute eine Einschränkung der Aktionärs- und Eigentumsrechte, betonte auch die Kästli-Gruppe in einer Mitteilung vom Dienstag. Dies könnte für alle KMU-Betriebe in der Schweiz «ein fatales Präjudiz schaffen». Auch Kästli zieht den Entscheid weiter ans Bundesverwaltungsgericht weiter.
Umfangreiche Untersuchungen
In den Jahren 2018 und 2021 hatte die Weko bereits in zwei Untersuchungen unzulässige Verhaltensweisen im Kies-, Beton- und Belagsbereich aufgedeckt. Mit dem nun vorliegenden Entscheid schliesst die Weko das letzte von drei Verfahren im Berner Baustoffbereich ab.
Hintergrund der Untersuchungen war ein Bericht in der Zeitung «Der Bund» im Jahr 2014 über ein mutmassliches Kies-Kartell im Aaretal. Auch die Politik wurde aktiv.
Neben der Wettbewerbskommission wurde auch die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Berner Kantonsparlaments tätig. Der Kanton Bern ist schliesslich ein grosser Bauherr. Die GPK kam zum Schluss, der Kanton habe seine Aufgaben im Kiesabbau- und Deponiegeschäft vernachlässigt.
Der Grosse Rat überwies 2019 einen überparteilichen Vorstoss, wonach der Regierungsrat eine unabhängige und wirkungsvolle Kontrolle der Kiesfirmen sicherstellen soll. (awp/mc/ps)