Wichtige Lehren aus dem radikalen Medienwandel
Bern – Der Verwaltungsratspräsident der Zeitung «Le Temps» und emeritierter Professor der Business School IMD, Stéphane Garelli, hat seine Erkenntnisse aus dem radikalen Medienwandel in einem Gastbeitrag in der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Samstag dargelegt. Vor allem aus vier Punkten kann die ganze Branche gewichtige Lehren ziehen.
Garelli weist als erstes darauf hin, dass der Wandel, den die Medienwelt mit der Digitalisierung etwa auf Smartphones derzeit erfährt, extrem schnell verläuft. Eine gemächliche Anpassung an das neue Geschehen sei daher für die Firmen tabu.
Zweitens treten innerhalb kürzester Zeit neue Anbieter in den Markt ein. Doch die Firmenchefs seien häufig viel zu stark auf angestammte Wettbewerber konzentriert und sähen die sich abzeichnende Gefahr gar nicht.
Garelli verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass auch beim Cloud-Computing keine IT-Firma marktführend sei, sondern der Online-Händler Amazon eine Vorreiterrolle spielt. Und selbstfahrende Autos entwickelte auch kein traditioneller Autokonzern wie General Motors, sondern auf diesem Gebiet habe Google die Nase vorn.
Aus diesem Umstand müsste die Medienbranche mit heutigen Marktteilnehmern wie Facebook «immer über den eigenen Tellerrand hinausschauen».
Vom Rest leben
Als dritte Erkenntnis nennt Garelli in der NZZ, dass die Innovationen zwar frühere Erfolgsgeschichten beeinträchtigten, sie aber nicht vollständig zerstörten. So starb das gedruckte Buch mit dem Aufkommen von elektronischen Lesegeräten auch nicht aus.
Allerdings müssen sich Firmen auf die geänderten Präferenzen der Kundschaft einstellen und ihr Geschäftsmodell an die neue Situation anpassen. Heutzutage nutzten Menschen eben unter der Woche hauptsächlich digitale Informationsquellen und bedrucktes Papier würde nur noch am Wochenende zur Lektüre herangezogen.
Und schliesslich mahnt Garelli als vierte Haupterkenntnis in dem Gastbeitrag an, dass die Firmen unbedingt Markenpflege betreiben müssten. «Ein Unternehmen ist mehr als nur ein Produkt», schreibt der Experte. Kunden würden die Marke nämlich gefühlsmässig für sich beanspruchen, obwohl sie rechtlich und finanziell eigentlich dem Unternehmen gehört.
Medienhäuser sollten dabei aber immer mit einer Bandbreite an Tätigkeiten am Markt agieren, «welche alle zum Erfolg einer Marke beitragen». Erträge müssten aus digitalen und gedruckten Texten, aus Videos und von Konferenzen sprudeln. (awp/mc/ps)