Xstrata-CEO Mick Davis soll Chef des neuen Megakonzerns werden.
Zug – Auf dem Rohstoffmarkt entsteht ein neuer milliardenschwerer Grosskonzern: Der weltgrösste Rohstoffhändler Glencore und das Bergbauunternehmen Xstrata haben einen «Zusammenschluss unter Gleichen» vereinbart und schaffen eine Gesellschaft mit einem Jahresumsatz von fast 210 Milliarden US-Dollar. Das neue Unternehmen deckt die gesamte Wertschöpfungskette der Branche von der Förderung über den Transport und die Lagerung bis zum Verkauf von Rohstoffen ab.
Die Konzerne kommen auf einen Marktwert von rund 90 Milliarden US-Dollar (68,7 Mrd Euro) und einen gemeinsamen operativen Gewinn (EBITDA) von gut 16,2 Milliarden Dollar. Der Zusammenschluss soll das Ergebnis bei dieser Kenngrösse mittelfristig mindestens um 500 Millionen Dollar verbessern, wie beide Seiten am Dienstag mitteilten.
15 Prozent Prämie für Xstrata-Aktionäre
«Eine Fusion von Glencore und Xstrata bietet die einmalige Gelegenheit, ein neues Geschäftsmodell in unserer Branche zu schaffen», sagte Xstrata-Chef Mick Davis. Zusammen sehen sich beide Unternehmen bestens für die weiter wachsende Rohstoffnachfrage vorbereitet. Glencore bringt vor allem seine Erfahrungen im Handel mit Energie, Metallen und Agrarprodukten ein. Xstrata ist bei der Förderung von Kohle, Zink und Kupfer besonders stark. Zusammen haben beide Unternehmen rund 130.000 Beschäftigte.
Die Xstrata-Aktionäre sollen je Anteilsschein nun 2,8 Aktien von Glencore bekommen und künftig 45 Prozent am fusionierten Unternehmen halten. Insgesamt wird Xstrata damit mit knapp 62 Milliarden Dollar bewertet. Dies entspricht einem Zuschlag von gut 15 Prozent zum Schlusskurs am vergangenen Mittwoch. Danach machte Xstrata die Verhandlungen öffentlich, woraufhin vor allem der eigene Aktienkurs kräftig zulegte. Glencore ist mit 34 Prozent bereits grösster Xstrata-Aktionär. Beide Firmen haben ihren Sitz im Schweizer Steuerparadies Zug.
Glencore-Manager halten sich zurück
Auch die personellen Weichen sind gestellt. Dabei hält sich die Glencore-Seite zurück, obwohl sie an dem fusionierten Unternehmen die Mehrheit hält und Glencore faktisch Xstrata übernimmt. Xstrata-Vorstandschef Mick Davis soll Chef des fusionierten Unternehmens werden, Glencore-Chef und Hauptaktionär Ivan Glasenberg will sich mit der Rolle als Stellvertreter begnügen. Auch die Spitze des Verwaltungsrats soll mit John Bond der bisherige Xstrata-Präsident übernehmen.
Beide Unternehmen hoffen, den Zusammenschluss im dritten Quartal über die Bühne zu bringen. Dafür bedarf es zunächst rechtlicher Zustimmung. Auch die Aktionäre beider Seiten müssen gefragt werden. Schliesslich können Wettbewerbsbehörden rund um den Globus die Pläne durchkreuzen.
Vorteile vor allem für Glencore
Branchenexperten sehen die Vorteile eines Zusammenschlusses vor allem für Glencore. Als Rohstoffhändler sind die Margen des Konzerns viel kleiner als die von einem Förderunternehmen wie Xstrata. Glencore musste den Aktionären des Fusionspartners daher einiges bieten, damit sie sich auf das Geschäft einlassen.
Zwei Grossaktionäre kündigen Widerstand an
Der Xstrata-Vorstand empfahl seinen Anteilseignern die Annahme des Glencore-Angebots. Sie müssen nun im April darüber entscheiden. Damit die Übernahme gelingt, müssen drei Viertel von ihnen zustimmen. Da die schon bei Glencore liegenden Anteile nicht stimmberechtigt sind, könnte rechnerisch schon eine Minderheit von 16,4 Prozent der Xstrata-Aktionäre die Fusion blockieren. Mit dem Lebensversicherer Standard Life und dem Vermögensverwalter Schroders kündigten zwei Xstrata-Grossaktionäre bereits ihren Widerstand an. Sie fordern ein besseres Angebot von Glencore. Mit ihrem Anteil von weniger als 4 Prozent könnten sie allein den Deal aber nicht blockieren.
Kartellbehörden in aller Welt reden mit
Offen ist auch, ob die Wettbewerbsbehörden dem Geschäft zustimmen. In der Branche war erst im Jahr 2010 die Zusammenlegung der Eisenerzsparten der beiden Konzerne Rio Tinto und BHP Billiton am Widerstand der Kartellbehörden gescheitert. Anders als bei der jetzt geplanten Fusion war damals aber der Zusammenschluss von Produktionsstätten geplant, während sich die Geschäftsfelder von Xstrata und Glencore kaum überschneiden. Zudem käme nach Brancheneinschätzung das fusionierte Unternehmen bei keinem Rohstoff auf einen Marktanteil von mehr als 25 Prozent.
Schon lange miteinander verbunden
Spekulationen über eine Fusion der beiden Konzerne gab es schon länger, vor allem nach dem Börsengang von Glencore im vergangenen Mai, der das bisher grösste Debüt an der Londoner Börse war. Die beiden Unternehmen sind schon seit längerem verbunden. Glencore-Gründer Marc Rich hatte sich Anfang der neunziger Jahre bei Südelektra eingekauft, das 1999 zu Xstrata wurde. 2002 kaufte das Unternehmen das australische und südafrikanische Kohlegeschäft von Glencore für 2,5 Milliarden Dollar. Das war einer der wichtigsten Bausteine für den ebenfalls in diesem Jahr über die Bühne gebrachten Börsengang von Xstrata.
An der Börse sorgte die offizielle Bekanntgabe der Fusion kaum für Bewegung. Glencore-Aktien legten zunächst etwas zu, drehten aber angesichts wachsender Sorgen um die weitere Wirtschaftsentwicklung in China bis zum Nachmittag mit 2,6 Prozent ins Minus. Xstrata-Papiere notierten den ganzen Handel über in der Verlustzone und wiesen am frühen Nachmittag ein Kursminus von 3,3 Prozent auf. (awp/mc/pg)