Neuenburg – Um 1,6 Prozent ist die Zahl der Erwerbstätigen in der Schweiz in den letzten 12 Monaten gesunken. Der Anstieg der Erwerbslosenquote von 4,2 auf 4,6 Prozent lag sogar um 0,1 Prozentpunkte höher als in der EU (6,6/6,9). Die wöchentliche Arbeitszeit sank um 9,5 Prozent.
Im 2. Quartal 2020 waren in der Schweiz gemäss Definition des ILO 223’000 Personen erwerbslos. Das sind 17’000 mehr als ein Jahr zuvor. Seit 1993 sei die Erwerbstätigenzahl in der Schweiz nicht mehr so stark zurückgegangen, schreibt das Bundesamt für Statistik (BFS) in einer Mitteilung vom Donnerstag. Die Zahlen basieren auf der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (Sake), die zugrundeliegenden Definitionen auf jenen des Internationalen Arbeitsamtes (ILO).
In Vollzeitäquivalenten (VZÄ) betrug die Abnahme im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal minus 1,2 Prozent. Der Geschlechtsunterschied war dabei erheblich: Bei Männern betrug der Rückgang: 0,4 Prozent, bei Frauen: 2,4 Prozent. Saisonbereinigt ging die Erwerbstätigenzahl und die Anzahl VZÄ zwischen dem 1. Quartal 2020 und dem 2. Quartal 2020 um 2,5 beziehungsweise 2,2 Prozent zurück.
Ausländische Erwerbstätige schufen einen gewissen Ausgleich: Während zwischen dem 2. Quartal 2019 und dem 2. Quartal 2020 sich die Zahl der schweizerischen Erwerbstätigen um 2,4 Prozent verringerte, stieg jene der ausländischen Erwerbstätigen um 0,2 Prozent an.
Drei «Klassen» Ausländer
Die Zunahme ging auf das Konto der Personen mit einer Niederlassungsbewilligung (Ausweis C), von denen 2,3 Prozent mehr beschäftigt wurden. Am schlechtesten Arbeit fanden Personen mit Kurzaufenthaltsbewilligung (Ausweis L, seit weniger als zwölf Monaten in der Schweiz): Rückgang 16,2 Prozent. Bei den Personen mit einer Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B oder L, seit mindestens zwölf Monaten in der Schweiz) sank die Beschäftigung «nur» um 3,6 Prozent.
Arbeitslosigkeit in der EU
Zwischen dem 2. Quartal 2019 und dem 2. Quartal 2020 stieg die Erwerbslosenquote in der EU weniger stark an als in der Schweiz: in der Europäischen Union von 6,6 auf 6,9 Prozent, in der Eurozone EZ19 von 7,4 auf 7,6 Prozent.
Auch bei der Jugendarbeitslosigkeit war der Anstieg in der Schweiz etwas stärker als in der EU zu spüren: In der Schweiz erhöhte sich die Jugenderwerbslosenquote (15- bis 24-Jährige) gemäss ILO zwischen dem 2. Quartal 2019 und dem 2. Quartal 2020 von 6,2 auf 8,4 Prozent um 2,2 Punkte. Im gleichen Zeitraum stieg die Jugenderwerbslosenquote in der Europäischen Union von 14,9 auf 16,4 Prozent (1,5 Prozentpunkte) und in der Eurozone von 15,4 auf 16,7 Prozent (1,3 Prozentpunkte).
Bei Personen ohne nachobligatorische Ausbildung nahm die Erwerbslosigkeit stark zu (von 6,7 auf 8,6 Prozent), bei Personen mit einem Abschluss auf Sekundarstufe II etwas weniger von 4,4 auf 4,8 Prozent und bei Personen mit einem Abschluss auf Tertiärstufe blieb sie unverändert bei 3,1 Prozent.
Lockdown senkte Arbeitszeit um fast 10 Prozent
Welchen Anteil hatte der Lockdown an dieser 12-Monats-Rechnung? Im 2. Quartal 2020 sank die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit pro erwerbstätige Person im Vergleich zum Vorjahresquartal um 9,5 Prozent. Bei den Selbständigerwerbenden betrug er 13,9 Prozent, bei den Arbeitnehmenden 9,1 Prozent.
«Wäre die durchschnittliche Anzahl Ferientage in diesem Zeitraum nicht um die Hälfte zurückgegangen, wäre die Abnahme der tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeit noch höher ausgefallen», schreibt das BFS.
Das BFS will im September 2020 detailliertere Analysen des Arbeitsmarktes im Zusammenhang mit der Pandemie veröffentlichen. (awp/mc/ps)