Bern – Die Zahl der Personen, die Ergänzungsleistungen erhalten, ist im vergangenen Jahr unterdurchschnittlich gestiegen. Ein Grund dafür ist die rückläufige Rentnerzahl bei der Invalidenversicherung (IV).
318’600 Personen erhielten 2016 eine Ergänzungsleistung (EL), weil ihre AHV- oder IV-Renten die minimalen Lebenskosten nicht deckten, 1,1% mehr als im Jahr davor. Damit ist nach Angaben des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) der Anstieg kleiner als im Mittel seit der Jahrtausendwende. Dieses liegt bei etwa 3%.
Das BSV hat dafür zwei Erklärungen: Eine ist, dass die rückläufige Zahl von IV-Renten sich auch auf die Zahl der gewährten EL zur IV auswirkt – die Zahl der EL-Bezüger mit IV-Rente sank erstmals seit 2008, und zwar um 0,1%. Die zweite Begründung ist eine Gesetzesänderung im Kanton Genf, die zur Folge hat, dass für weniger Menschen die Krankenkassenprämie übernommen werden muss.
Mehr EL-Bezüger mit AHV-Rente
Die Zahl der EL-Bezüger mit AHV-Rente stieg um 1,8%. Dieses Wachstum ist das tiefste seit 2008. Die höchsten Zuwachsraten bei der Rentnerzahl gab es 2011 mit 4,4 und 2014 mit 3,8%. 2002 war laut der Statistik das bisher letzte Jahr, in dem die Zahl der AHV-Rentner mit EL sank.
Auch die Ausgaben für die Ergänzungsleistungen stiegen 2016 mit 2,5% weniger stark als im langjährigen Mittel von 4%. Sie beliefen sich 2016 auf 4,9 Mrd CHF.
Die Statistik des BSV zeigt, dass IV-Rentnerinnen und Rentner einen höheren Bedarf an EL haben als AHV-Rentner. Fast jede zweite Person mit IV-Rente, nämlich 46%, erhält auch Ergänzungsleistungen – 113’700 Rentner waren es 2016 insgesamt.
Bei den 20- bis 30-jährigen IV-Rentnern erhalten 60 bis 75% EL, und dies langfristig. Grund ist laut BSV, dass sie meist keine oder nur kurze Zeit eine Erwerbsarbeit hatten und darum eine tiefe IV-Rente und – falls überhaupt – wenig Geld aus der zweiten Säule erhalten. Ein Leben im Heim erhöht den Lebensaufwand zusätzlich.
Heimaufenthalte gehen ins Geld
Bei der AHV sind 12,5% der Rentnerinnen und Rentner auf eine EL angewiesen. Neurentner brauchen EL weniger häufig als über 90-Jährige. Hohe Kosten für Heime sind nach Angaben des BSV ein Grund dafür. Viele könnten den Heimaufenthalt nicht oder nur für kurze Zeit aus eigener Tasche bezahlen.
Wer zu Hause lebt, erhält im Mittel rund 1’100 CHF an EL, meist weil die Rente nicht zum Leben reicht. Wer im Heim lebt, braucht im Schnitt etwa drei Mal mehr, nämlich 3’300 CHF. Grund für diesen höheren Betrag sind Kosten für den Heimaufenthalt, und dies, obwohl für die Pflegekosten die Krankenkassen aufkommen müssen.
Die Ergänzungsleistungen werden aus Steuermitteln von Bund und Kantonen bezahlt. Der Bund übernimmt 30%. Seit 2008 und bis 2016 sind die Ausgaben für die EL von rund 3,7 auf 4,9 Mrd CHF gestiegen. Gewachsen sind sowohl die Auslagen zur Existenzsicherung als auch jene für Heimaufenthalte.
Räte beraten über EL-Reform
Die steigenden EL-Kosten hat der Bundesrat zum Anlass für eine Reform genommen, über die zurzeit das Parlament berät. Unter anderem sollen EL-Bezüger für die Wohnung künftig mehr Geld erhalten, für die Krankenkassenprämien dagegen weniger.
Wer in den Ruhestand tritt, soll Geld aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge nicht mehr als Kapital, sondern nur noch als Rente beziehen können. 2014 hatten 3400 Neubezügerinnen und -bezüger von EL zuvor eine Kapitalabfindung der Pensionskasse erhalten, wie der Bundesrat in der Botschaft schrieb. (awp/mc/ps)