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Zürich – Nach der Annahme der Zuwanderungsinitiative stellt sich die Frage, wie eine auf Kontingente gestützte Steuerung der Migration umgesetzt werden könnte. Das neue «avenir spezial» analysiert und bewertet administrative und preisbasierte Instrumente. Ein Vergleich zeigt, dass Auktionen die am wenigsten schlechte Lösung sind.
Am 28. Februar 2014 hat Avenir Suisse eine Idee zur Umsetzung der Initiative gegen die «Masseneinwanderung» vorgestellt, die auf einem 10-jährigen Globalziel und einem Massnahmenbündel zur Drosselung der Zuwanderung beruht. Allerdings würden gemäss dem Vorschlag einschneidende Kontingente eingeführt, falls der festgelegte Zielpfad nach fünf Jahren überschritten würde. Aus diesem Grund stellt sich auch bei diesem Vorschlag die Frage, wie «scharfe» Kontingente praktisch umgesetzt werden könnten. Das neue «avenir spezial» bietet eine Auslegeordnung der möglichen Steuerungsinstrumente, analysiert deren Vor- und Nachteile und nimmt eine Bewertung vor. Daneben diskutiert die Publikation Ansätze zur Bestimmung der zahlenmässigen Kontingente sowie den Einbezug von Grenzgängern, den Familiennachzug und den Inländervorrang.
Regelbasierte Festlegung der Kontingente
Die Analyse der in der Praxis gängigen oder theoretisch diskutierten Instrumente zur Zuwanderungskontrolle zeigt kaum überraschend, dass alle diese Instrumente grosse Nachteile aufweisen. Nur schon die Festlegung der Kontingente ist ein schwieriger Prozess. Um diesen Prozess den Druckversuchen von allen möglichen Interessengruppen zu entziehen, empfiehlt sich eine regelbasierte Festlegung der Kontingente. Denkbar wäre eine Festlegung in Abhängigkeit von der Konjunktur. Ausserdem sollte man möglichst wenige Teilkontingente zulassen, denn die Differenzierung ist ein Einfallstor für diverse Sonderinteressen.
Ein weiteres Negativum der «scharfen» Instrumente ist ihr fast durchgehend grosser administrativer Aufwand. Unter den im «avenir spezial» vorgestellten Instrumenten (Punktesystem, Abgaben, Auktionen, Migrationsfond) erscheint das Punktesystem als die am wenigsten geeignete Methode – zumindest in seiner Reinform. Der Hauptgrund ist, dass es nicht zielgenau auf den jeweiligen Rekrutierungsbedarf der Schweizer Firmen ausgerichtet werden kann. Zudem entscheiden nicht mehr die Arbeitgeber über die Zuzüger, sondern wenige formale Kriterien.
Vorteile von Auktionen
Besser schneidet ein preisbasiertes System auf Basis einer Abgabe für die Zuwanderung ab – angelehnt an die Idee der sogenannten Club-Theorie. Nachteile des Instruments sind für Avenir Suisse die inhärente Gefahr einer politisch motivierten Beeinflussung des Preisniveaus sowie die fehlende Mengensteuerung und damit die ungenügende Ausrichtung auf präzise jährliche Vorgaben. Eine solche Mengensteuerung ist hingegen mit einem Auktionsmodell möglich. Dabei bieten potenzielle Zuwanderer (oder Arbeitgeber) in einem Auktionsverfahren den Betrag, den sie für den Erwerb eine Zuwanderungsbewilligung zu zahlen bereit sind.
Das Instrument schneidet am besten oder mindestens am wenigsten schlecht ab. Dies erlaubt es, die Zuwanderung systematisch in wert-schöpfungsstarke Branchen zu lenken und verfolgt gleichzeitig gesellschaftspolitische Ziele der Integration. Allerdings kann das Instrument seine relativen Vorteile nur dann zur Geltung bringen, wenn man von Differenzierungen absieht. Am effizientesten wäre es, wenn eine Auktion nur für ein landesweites Gesamtkontingent oder höchstens für ganz wenige Unterkontingente durchgeführt würde. Je mehr man mit Auktionen auch Feinsteuerung betreiben will, desto mehr nähert man sich dagegen fast gezwungenermassen den bürokratischen Methoden an.
Grenzgänger als Teil der Lösung
Drei Querschnittsthemen betreffen die verschiedenen Instrumente gleichermassen. Erstens stellt sich die Frage, ob und wie die Grenzgänger bei der Kontingentierung berücksichtigt werden sollen. Avenir Suisse ist der Ansicht, dass die Grenzgänger eine Chance für eine Entschärfung der Zuwanderungspolitik bieten. Grenzgänger sind keine Zuwanderer und sie belasten einzig die Verkehrsinfrastruktur (die die Binnenpendler kaum weniger beanspruchen). In allen anderen der Zuwanderung angelasteten Problemen spielen sie dagegen kaum eine Rolle. Sie sollten daher nicht kontingentiert werden.
Ein zweites Querschnittsthema bildet der Familiennachzug. Es versteht sich von selbst, dass bei einer rigideren Zuwanderungspolitik das Interesse gross ist, gleichzeitig auch den Mix zwischen Einwanderung in den Arbeitsmarkt und Familiennachzug zu beeinflussen – zulasten des letzteren. Das wäre bei den preisbasierten Steuerungsinstrumenten (Abgaben, Auktionen) und dem Punktesystem relativ einfach umsetzbar, ohne am Grundsatz der Möglichkeit des Familiennachzugs zu rütteln. Ein drittes Querschnittsthema ist der Inländervorrang. Bei allen marktnahen Lösungen – Abgaben, Auktionen, Fonds – erübrigt es sich, diesen Vorrang gesondert zu verankern, weil in der Zahlungsbereitschaft der Arbeitgeber bereits zum Ausdruck kommt, dass sie für eine bestimmte Stelle keinen gleichwertigen, aber «billigeren» Inländer gefunden haben. (avenir suisse/mc/pg)