Beziehung Schweiz-EU normalisiert sich

Mario Gattiker

Staatssekretär Mario Gattiker. (Foto: SEM)

Brüssel – Die EU hat am Donnerstag in Brüssel begrüsst, dass das Schweizer Gesetz zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) das Freizügigkeitsabkommen nicht verletzt. Laut Staatssekretär Mario Gattiker wird die EU aber die Umsetzung «genau beobachten».

Die EU werde sich auch einbringen, «sofern das Gefühl besteht, man würde mit dem Freizügigkeitsabkommen in Konflikt treten», sagte der Staatssekretär nach einer Sitzung des so genannten Gemischten Ausschusses, wo Vertreter der EU-Staaten, der EU-Kommission und der Schweiz über das neue Gesetz diskutiert hatten.

Am Donnerstag musste der Schweizer Staatssekretär in erster Linie seinen Gesprächspartnern Rede und Antwort stehen. Laut Gattiker gab es Fragen zur Ausgestaltung der Meldepflicht, zur Rolle der Kantone sowie zur Situation der Grenzgänger. Einem EU-Diplomat zufolge hatte das Thema Grenzgänger vor allem auch den Italienern unter den Nägeln gebrannt.

Für die EU-Kommission müssen zudem «Fragen im Zusammenhang mit dem Zugang zu Informationen über freie Stellen» geklärt werden, wie sie in einem Communiqué schrieb. Laut Claude Maerten, der die EU-Kommission im Gemischten Ausschuss vertrat, war zudem die Frage wichtig, wie die im Gesetz erwähnte «über dem Durchschnitt liegende Arbeitslosigkeit» definiert werden soll.

Gattiker beantwortet Fragen
«Darauf habe ich geantwortet, soweit es die gesetzlichen Bestimmungen bereits zulassen», sagte Gattiker. Denn noch sind nicht alle Details klar, wie das Gesetz angewendet werden soll. Diese müssen in Verordnungen geregelt werden, in Recht setzenden Erlassen auf unterster Stufe.

Der Bundesrat werde selbstverständlich «bei seinen Ausführungsbestimmungen internationale Verpflichtungen berücksichtigen», sagte Gattiker weiter. Der Bundesrat werde eine Verordnung erlassen, «die konform ist mit dem Freizügigkeitsabkommen».

Maerten gab sich grundsätzlich zufrieden nach dem Treffen. Das Gesetz gehe in die richtige Richtung. Nun müsse man aber schauen, wie die Schweiz die Details regle.

Artikel 17 im Freizügigkeitsabkommen erlaube bei laufenden Gesetzesvorlagen regelmässige Konsultationen, so Maerten weiter. «Wir werden weiter von diesem Artikel Gebrauch machen, um uns über die Umsetzung zu informieren. Denn gewisse Details müssen noch präzisiert werden.»

Juncker ist optimistisch
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker jedenfalls scheint – was die Schweiz betrifft – optimistisch ins kommende Jahr zu blicken. «Im Jahr 2017 könnte eine wesentliche Vertiefung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz erreicht werden», liess er sich zitieren.

Dabei dürfte er vor allem das institutionelle Rahmenabkommen im Auge haben, das eine einheitlichere Anwendung bestehender und zukünftiger Verträge im Marktzugangsbereich gewährleisten soll.

Kürzlich hatte der Bundesrat nämlich bekräftigt, in der zweiten Jahreshälfte 2017 eine Botschaft über ein institutionelles Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU verabschieden zu wollen.

Die EU hatte während den Gesprächen über die Personenfreizügigkeit diese mit dem Rahmenabkommen verknüpft, die Schweiz hingegen wehrte sich gegen diese Verlinkung. Mit der Schweiz-internen Umsetzung der MEI wurde diese Verknüpfung nun hinfällig. Auch betonte die EU-Kommission in ihrem Communiqué die Wichtigkeit einer Schweizer Beteiligung am europäischen Kohäsionsprogramm.

Im weiteren bekräftigte Brüssel, dass mit der Ratifizierung des Protokolls zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien die Schweiz wieder voll am EU-Forschungsprogramm «Horizon 2020» teilnehmen kann.

Befremdliches Intermezzo?
Am Rande des Treffens des Gemischten Ausschusses wurde Gattiker auf eine kürzliche Äusserung einer EU-Kommissionssprecherin angesprochen. Diese hatte verlauten lassen, dass Brüssel den Gesetzgebungsprozess bei der MEI nicht nur begleitet hat, «sondern auch ein wenig gelenkt, um sicher zu sein, dass das Ganze in die richtige Richtung geht».

Darauf angesprochen sagte Gattiker: «Ich habe diese Äusserung mit grossem Erstaunen und Befremdung zur Kenntnis genommen.» Diese Aussage treffe «in keiner Weise zu».

Es sei doch völlig normal, dass sich die Regierungsverantwortlichen gegenseitig austauschten, «wenn so viel auf dem Spiel steht wie im Hinblick auf die Beibehaltung des bilateralen Wegs», sagte der Staatssekretär.

Die EU-Kommission und Europa hätten sich nicht eingemischt. Aber natürlich hätten sie von ihrem Recht Gebrauch gemacht, das ihnen laut Artikel 17 des Freizügigkeitsabkommens zustehe. Deutlich sagte Gattiker aber auch: «Das Parlament braucht keine Nachhilfe aus Brüssel.» (awp/mc/upd/ps)

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