Bern – Der Bundesrat hat beschlossen, die Stellenmeldepflicht in Berufsarten mit hoher Arbeitslosigkeit ab nächstem Jahr schrittweise einzuführen. Justizministerin Simonetta sprach am Freitag vom «letzten Akt bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative».
Bei der Stellenmeldepflicht handelt es sich um den so genannten «Inländervorrang light», den das Parlament vor einem Jahr beschlossen hat: Arbeitgeber in Berufsarten mit überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit müssen offene Stellen den Arbeitsämtern melden. Dort stehen die Informationen während fünf Arbeitstagen ausschliesslich den gemeldeten Stellensuchenden zur Verfügung. Diese erhalten dadurch einen zeitlichen Vorsprung bei der Bewerbung.
Zusätzlich übermittelt die Arbeitsvermittlung innerhalb von drei Tagen passende Dossiers an Arbeitgeber, die Stellen ausgeschrieben haben. Diese laden geeignete Stellensuchende zu einem Bewerbungsgespräch oder zu einer Eignungsabklärung ein. Wer als geeignet gilt, entscheiden die Arbeitgeber nach Gutdünken.
Servicepersonal profitiert sofort
Diese Regeln gelten ab 1. Juli 2018 in Berufsarten mit einer Arbeitslosenquote über 8%. Laut Mario Gattiker, Staatssekretär für Migration, wären derzeit 27 Berufsarten mit 75’000 Stellen pro Jahr betroffen. Die Stellenmeldepflicht hilft zum Beispiel Werkzeugmaschinisten, Schauspielern, PR-Fachleuten oder Kurieren. Besonders profitieren werden das Servicepersonal und Hilfskräfte in der Landwirtschaft. In diesen Berufsarten ist die Konkurrenz aus dem Ausland besonders gross.
Erst Anfang 2020 sinkt der Schwellenwert auf die vom Bundesrat ursprünglich geplanten 5 Prozent. Dann geht es laut Gattiker um 88 Berufe mit 218’000 Stellen. Mit der gestaffelten Einführung verschaffe der Bundesrat den Kantonen genügend Zeit, um sich auf die neue Situation einzustellen, sagte Sommaruga vor den Bundeshausmedien. «Im Gegenzug unterstützen jetzt die Kantone das Projekt.»
Kommission abgeblitzt
Nicht berücksichtigt hat der Bundesrat bei der Verordnungsänderung verschiedene Anliegen der zuständigen Nationalratskommission. Diese hatte verlangt, dass nicht die gesamtschweizerische, sondern die Arbeitslosenquote in den einzelnen Wirtschaftsregionen massgeblich sein soll für die Auslösung der Stellenmeldepflicht.
Das hätte dem vom Parlament beschlossenen Gesetz entsprochen. Der Bundesrat lehnte das aus «Praktikabilitätsgründen» ab. Die Kantone sollen aber ein Gesuch stellen können, auf ihrem Gebiet die Stellenmeldepflicht einzuführen.
Bei den Ausnahmen ist der Bundesrat ebenfalls hart geblieben. Die Kommission verlangte vergeblich, dass Unternehmen offene Stellen auf ihrer eigenen Website ausschreiben dürfen. Ausnahmen gelten für Einsätze von höchstens 14 Tagen oder für Angehörige. Nicht gemeldet werden müssen auch Stellen, die intern besetzt werden.
Unternehmen in der Pflicht
Wie wirksam diese Massnahmen in der Praxis seien, hänge von der Wirtschaft ab, sagte Sommaruga. «Der Bundesrat erwartet von den Unternehmen, dass sie Verantwortung übernehmen.» Diesen drohen hohe Bussen, wenn sie der Stellenmeldepflicht nicht nachkommen. Dabei sind allerdings noch Vollzugsfragen offen. Laut Gattiker muss geklärt werden, welche kantonale Behörde die Einhaltung der Stellenmeldepflicht überwacht und was die gesetzliche Grundlage dafür ist.
Der Bundesrat hat auch den Beschluss des Parlaments konkretisiert, wonach stellensuchende und arbeitsmarktfähige anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene, die von der Sozialhilfe unterstützt werden, bei der Arbeitsvermittlung gemeldet werden sollen. Er geht davon aus, dass dies rund 8000 Personen pro Jahr betrifft.
Die revidierten Verordnungen treten am 1. Juli 2018 in Kraft, zusammen mit den Gesetzesänderungen zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitive. (awp/mc/pg)