Zürich – Die Startups in der Schweiz haben im ersten Halbjahr 2023 wieder ein höheres Finanzierungsvolumen erreicht als noch in den letzten sechs Monaten des Vorjahres. Über 1,92 Milliarden Schweizer Franken an Finanzierungen haben hiesige Startups generiert (zweites Halbjahr 2022: 1,84 Milliarden Franken). Das ist der dritthöchste Wert an Finanzierungsvolumen seit 2015. Nur das erste Halbjahr 2022 und das zweite Halbjahr 2017 erreichten höhere Volumen. Gleichzeitig sank die Anzahl an Finanzierungsrunden zum dritten Mal in Folge: Wurden im ersten Halbjahr 2022 noch 471 Finanzierungen registriert, waren es im zweiten Halbjahr 2022 noch 425, und im ersten Halbjahr 2023 waren es 339.
Zwar sind nicht für alle erfassten Finanzierungsrunden die Volumen abrufbar. Die Zahlen zeigen jedoch, dass der Rückgang vor allem Finanzierungen mit einem kleineren Volumen betrifft. Hinzu kommt, dass die Top 5 Startup Finanzierungen im ersten Halbjahr 2023 zusammen ein Volumen von 612 Millionen Franken erreichen: Haqq Association (Islamic Coin) (182 Millionen Franken), Distalmotion (135 Millionen Franken), Noema Pharma (103 Millionen Franken), GetYourGuide (Debt) (99 Millionen Franken) und Alentis Therapeutics (Series C) (96 Millionen Franken). Alexander Schatt, Head Startups & Scale-ups bei EY in der Schweiz sagt: «Wir sehen eine Zunahme von eher grossvolumigen Transaktionen. Aus diesem Grund steigt das Gesamtvolumen gegenüber 2022, obwohl die Anzahl Finanzierungen zurückgegangen ist.»
Drei der Top 5 Startup-Finanzierungen wurden im Bereich «Health» getätigt. Das spiegelt sich auch in den Gesamtzahlen für das erste Halbjahr 2023 wider: Von den insgesamt 339 Finanzierungen gingen 96 an Unternehmen in dieser Branche. Gefolgt von «Software & Analytics» mit 83 Finanzierungen, «Hardware» mit 35 Finanzierungen und «FinTech/InsurTech» mit 27 Finanzierungen. Auf Rang fünf folgt «ClimateTech/GreenTech/CleanTech» mit 26 Finanzierungen.
Der Aspekt der Nachhaltigkeit beginnt sich auch bei den Startup-Finanzierungen bemerkbar zu machen: Von den 339 Finanzierungen haben 36 (11%) einen Nachhaltigkeitsbezug, womit von den 1,92 Milliarden Franken rund 345 Millionen Franken in solche Startups investiert wurde (18%).
Das sind die Ergebnisse des Startup Barometers Schweiz, welches das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen EY in der Schweiz zum ersten Mal publiziert.
Alternative Finanzierungen von Startups
Im Startup Barometer Schweiz werden neue Arten der Mittelbeschaffung als alternative Finanzierungen bezeichnet. Dies beinhaltet einerseits Token-basierte Finanzierungen wie die Emission von Blockchain-basierten Token und andererseits nicht-Token-basierte Finanzierungsmodelle wie Darlehen, (staatliche) Zuschüsse sowie Crowdfunding-Kampagnen. Projekte, die auf Non Fungible Token (NFT) basieren, werden nicht berücksichtigt, weil diese nicht klar schweizerischen Unternehmen zugeordnet werden können
Bei den alternativen Finanzierungsrunden ist gegenüber dem zweiten Halbjahr 2022 ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen, und es wird ein Spitzenwert erreicht: Ganze 22 alternative Finanzierungen wurden in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres realisiert. Eine solch hohe Zahl an alternativen Finanzierungen wurde letztmals im zweiten Halbjahr 2017 verzeichnet. Alternative Finanzierungsrunden erreichten im ersten Halbjahr 2023 ein Volumen von 42 Millionen Franken (zweites Halbjahr 2022: 9 Runden mit 19 Millionen Franken Volumen, erstes Halbjahr 2022: 9 Runden mit 14 Millionen Franken Volumen). Im ersten Halbjahr 2023 machten alternative Finanzierungen 2,2% des investierten Gesamtvolumens aus. Von den 22 erfassten alternativen Finanzierungen wurde nur eine mit Token-basierter Transaktion vollzogen. Dennoch generierte diese Finanzierungen ein Volumen von 22,5 Millionen Franken und damit mehr als die Hälfte aller alternativen Finanzierungen.
Starke Startup- Regionen und das Verhalten der Schweizer Investoren
Beim Blick auf die Regionen der Schweiz zeigt sich ein bekanntes Bild: Vor allem Zürich (140) und die Romandie (101) dominieren die Anzahl von Startup-Finanzierungen. Auf den weiteren Rängen folgen die Zentralschweiz (34), die Nordwestschweiz (24) und das Mittelland (22). Mit Blick auf die investierten Summen verschiebt sich diese Rangierung jedoch: Zwar sind Zürich (680 Millionen Franken) und die Romandie (499 Millionen Franken) weiter auf den vordersten Rängen. Auf Rang drei schiebt sich aber die Nordwestschweiz. Zwar werden für diese Region nur 24 Finanzierungen erfasst, diese erreichen aber ein sehr hohes Volumen von 345 Millionen Franken.
Für die Analyse der Investoren wurden nur diejenigen Finanzierungsrunden in Betracht gezogen, die ohne Zuschüsse, Crowdfunding oder Fremdfinanzierung getätigt wurden. Bei 90 dieser 184 Finanzierungen sind Schweizer Investoren beteiligt (49%) und bei 25 Finanzierungen sind ausschliesslich Schweizer Investoren involviert (14%). Mit Blick auf das investierte Volumen zeigt sich aber ein anderes Bild: Bei 149 Finanzierungsrunden, bei welchen sämtliche Investoren bekannt sind, leisten Schweizer Investoren nur 2% des Investitionsvolumens aus. Von den insgesamt 1’278 Millionen Franken tragen gemischte Investoren-Gruppen (46%) und rein ausländische Investoren (52%) den grössten Anteil bei.
Beim Verlauf der Startup-Finanzierungen zeigt sich, dass bei mehreren Finanzierungen der Anteil an Schweizer Investoren abnimmt. Bei frühen Finanzierungsrunden machen hiesige Investoren rund 45% aus, ein Wert, der bei späteren Finanzierungen auf 19% sinkt. Dasselbe gilt auch für die Höhe der investierten Summen. Bei Finanzierungen von unter einer Million Franken machen Schweizer Investoren 47% aus. Dieser Anteil nimmt sukzessive ab, und bei Finanzierungen von über 50 Millionen Franken liegt der Anteil von Schweizer Investoren noch bei 19%. (EY/mc/ps)